Im Ergebnis sagt das Bundesverfassungsgericht, dass das gegenwärtige System der sozialen Pflegeversicherung Eltern mit mehr Kindern gegenüber solchen mit weniger oder gar keinen Kindern benachteiligt, weil der Erziehungsmehraufwand im geltenden Beitragsrecht keine Berücksichtigung finde. Die Gesetzgeber müssen dann unterscheiden und bis Juli 2023 eine Neuregelung treffen.

 

Positiv daran ist:

 

Man kann darüber nachdenken, ob kinderreiche Familie nicht schon für die Vergangenheit rückwirkend nachträglich besser zu stellen sind, weil der Zustand vom Bundesverfassungsgericht ja als illegal bezeichnet wurde. Die Korrektur müsse dann auf Grundlage der neuen gesetzlichen Regelung berechnet werden, mindestens rückwirkend bis zu einem Zeitpunkt der Verjährung und wahrscheinlich wird sich der Gesetzgeber „unsozial“ zeigen und mitteilen, wer nicht geklagt, kommt auch nicht in einen Genuss.

 

Negativ könnte daran sein:

 

Der Gesetzgeber sieht so etwas immer gern als Hebel für eine Neuberechnung. Es ist nicht auszuschließen, dass die Beiträge für die kinderreichen Familien so bleiben und für die kinderarmen Beitragszahler (kräftig) ansteigen.

 

Die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts wurde wie folgt verlautbart:

 

Pressemitteilung Nr. 46/2022 vom 25. Mai 2022

 

Beschluss vom 07. April 2022

1 BvL 3/18, 1 BvR 2824/17, 1 BvR 2257/16, 1 BvR 717/16

 

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts auf die Vorlage eines Sozialgerichts und zwei Verfassungsbeschwerden entschieden, dass § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Sätze 1 und 2 sowie § 57 Abs. 1 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sind, als beitragspflichtige Eltern in der sozialen Pflegeversicherung unabhängig von der Zahl der von ihnen betreuten und erzogenen Kinder mit gleichen Beiträgen belastet werden. Weitergehende Verfassungsbeschwerden wurden zurückgewiesen, soweit sie die Frage der Berücksichtigung der Betreuung und Erziehung von Kindern bei der Bemessung des Beitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur gesetzlichen Krankenversicherung betrafen.

 

Im gegenwärtigen System der sozialen Pflegeversicherung werden Eltern mit mehr Kindern gegenüber solchen mit weniger Kindern in spezifischer Weise benachteiligt, weil der mit steigender Kinderzahl anwachsende Erziehungsmehraufwand im geltenden Beitragsrecht keine Berücksichtigung findet. Die gleiche Beitragsbelastung der Eltern unabhängig von der Zahl ihrer Kinder ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Juli 2023 eine Neuregelung zu treffen.

 

Das Beitragsrecht der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung verletzt Art. 3 Abs. 1 GG hingegen nicht dadurch, dass Mitglieder mit Kindern mit einem gleich hohen Versicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden. Insoweit fehlt es an einer Benachteiligung der Eltern, weil der wirtschaftliche Erziehungsaufwand im System der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung jeweils hinreichend kompensiert wird.

 

Sachverhalt:

 

Seit dem 1. Januar 2019 beträgt der Beitragssatz der sozialen Pflegeversicherung 3,05 %. Für Versicherte, die das 23. Lebensjahr vollendet haben und nicht Eltern sind, erhöht sich der Beitragssatz um einen Beitragszuschlag für Kinderlose, den sozialversicherungspflichtig Beschäftigte stets allein tragen (§ 55 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB XI). Bis einschließlich 31. Dezember 2021 betrug dieser unverändert 0,25 Beitragssatzpunkte und wurde mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 auf 0,35 Beitragssatzpunkte angehoben.

 

Der mit Wirkung zum 1. Januar 2005 eingeführte Beitragszuschlag für Kinderlose geht zurück auf das sogenannte Pflegeversicherungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2001. Das Bundesverfassungsgericht stellte dort fest, dass es mit Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren sei, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen und damit neben dem Geldbeitrag einen zusätzlichen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems leisten, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden. Hingegen erfolgt weder im Beitragsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung noch in dem der gesetzlichen Krankenversicherung eine Berücksichtigung der Kindererziehung.

 

Das Vorlageverfahren 1 BvL 3/18 eines Sozialgerichts sowie die Verfassungsbeschwerden in den Verfahren 1 BvR 717/16 und 1 BvR 2257/16 haben zum Gegenstand, ob im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung, das Eltern gegenüber Kinderlosen beitragsrechtlich privilegiert, eine Beitragsdifferenzierung in Abhängigkeit von der Kinderzahl geboten ist. Im Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 2257/16 stellt sich daneben die Frage der Erforderlichkeit einer beitragsrechtlichen Privilegierung der Eltern auch in der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung; letztere Frage ist alleiniger Verfahrensgegenstand der Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 2824/17.

 

Wesentliche Erwägungen des Senats:

 

A. § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB XI sowie § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sind mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit nicht vereinbar, als beitragspflichtige Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, unabhängig von der Zahl ihrer Kinder in gleicher Weise zu Beiträgen herangezogen werden.

 

I. Die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen erfordert die Beachtung des aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleiteten Gebots der Belastungsgleichheit, das sich auf alle staatlich geforderten Abgaben erstreckt. Als Differenzierungsgebot ist der allgemeine Gleichheitssatz nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen, die er vornehmen darf, nicht vornimmt. Er verletzt aber das Gleichheitsgrundrecht, wenn er es versäumt, tatsächliche Ungleichheiten des zu ordnenden Lebenssachverhalts zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie beachtet werden müssen.

 

II. Auf Grundlage der gesetzgeberischen Erwägungen, die das gegenwärtige Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung tragen, bewirkt die unabhängig von der Kinderzahl erfolgende gleiche Beitragsbelastung beitragspflichtiger Eltern innerhalb dieser Gruppe eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem zum Nachteil der Eltern mit mehr Kindern.

 

1. Den Beitragszuschlag für Kinderlose hat der Gesetzgeber mit der „kinderbedingten besonderen finanziellen und sonstigen Belastung“ gerechtfertigt, dem die Mehrbelastung Kinderloser Rechnung tragen solle. Insoweit bestehen jedoch wesentliche Unterschiede in Abhängigkeit von der Anzahl der Kinder auch innerhalb der Gruppe beitragspflichtiger Eltern. Der wirtschaftliche Aufwand der Kindererziehung besteht einerseits aus den tatsächlich aufgewendeten Kindererziehungskosten, insbesondere den erziehungsbedingten Konsumausgaben (Realaufwand), und andererseits aus Opportunitätskosten, also den erziehungsbedingt entgangenen Erwerbs- und Versorgungschancen. Der Umfang des Realaufwands wie derjenige der Opportunitätskosten steigt in Abhängigkeit von der Kinderzahl substantiell an. Zwar ist nicht zu verkennen, dass seit dem Ergehen des Pflegeversicherungsurteils zahlreiche Maßnahmen des allgemeinen Familienleistungsausgleichs zur (anteiligen) Kompensation des Kinderziehungsaufwands, zum Teil in Abhängigkeit von der Kinderzahl, ergriffen und bestehende erweitert wurden. Allerdings bleiben trotz der unternommenen gesetzgeberischen Anstrengungen die Erwerbstätigenquote und das Erwerbsvolumen von Müttern mit mehr Kindern gegenüber solchen mit weniger Kindern nach wie vor substantiell zurück.

 

2. Durch die gleiche Beitragsbelastung innerhalb der Gruppe der Eltern mit unterschiedlich vielen Kindern werden Eltern mit mehr Kindern gegenüber solchen mit weniger Kindern innerhalb des vom Gesetzgeber gewählten Systems der sozialen Pflegeversicherung in spezifischer Weise benachteiligt. Denn Eltern mit mehr Kindern werden beitragsrechtlich lediglich in dem gleichen Maße besser gestellt wie Eltern mit weniger Kindern, obwohl der wirtschaftliche Erziehungsmehraufwand mit wachsender Kinderzahl steigt. Diese Benachteiligung tritt bereits ab einschließlich dem zweiten Kind ein.

 

3. Diese Benachteiligung wird innerhalb des Systems der sozialen Pflegeversicherung nicht hinreichend kompensiert. Ein gewisser Ausgleich besteht zwar darin, dass die beitragspflichtigen Versicherten mit mehr Kindern bei gleichen Beiträgen, wie sie beitragspflichtige Versicherte mit weniger Kindern leisten, Versicherungsschutz auch für die anderen Familienangehörigen erhalten. Angesichts des geringen Risikos der Pflegebedürftigkeit von Kindern, dem eine verhältnismäßig geringe Belastung der Sozialversicherungsträger durch die beitragsfreie Mitversicherung entspricht, ist dieser Vorteil aber nicht geeignet, den mit der Mehrbelastung einhergehenden Nachteil hinreichend aufzuwiegen. Auch die Absicherung pflegender Angehöriger in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung oder die Gewährung von Rechten und Leistungen bei Inanspruchnahme von Pflegezeit einschließlich des Pflegeunterstützungsgeldes gleichen den Nachteil nicht aus. Diese Leistungen sind nicht auf den Ausgleich eines kinderzahlabhängigen Erziehungsaufwands, sondern auf den Ausgleich des Pflegeaufwandes und die Stärkung der Pflegebereitschaft ausgelegt.

 

III. Die von der Kinderzahl unabhängige gleiche Beitragsbelastung der Eltern erweist sich als verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

 

1. Dem Gesetzgeber kommt hinsichtlich der Frage, wie ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügendes Beitragsrecht gleichheitsgerecht auszugestalten ist, ein großer Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Dieser betrifft nicht nur die Frage, in welchem Umfang im gewählten System der sozialen Pflegeversicherung der wirtschaftliche Kindererziehungsaufwand im Beitragsrecht zu berücksichtigen ist, sondern auch, auf welche Weise und auf wessen Kosten dies erfolgt.

 

2. Die von der Kinderzahl unabhängige gleiche Beitragsbelastung beitragspflichtiger Eltern ist jedoch nicht verhältnismäßig im engeren Sinne.

 

a) Geht es – wie vorliegend – um die Prüfung einer typisierenden Regelung, ist insbesondere der mit der Typisierung verfolgte Zweck der Verwaltungsvereinfachung als ein Sachgrund für die Gleichbehandlung heranzuziehen. Eine zulässige Typisierung setzt voraus, dass der Gesetzgeber keinen atypischen Fall als Leitbild wählt, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legt. Die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten dürfen also nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen. Darüber hinaus darf das Ausmaß der Ungleichbehandlung nicht sehr intensiv sein. Wesentlich ist ferner, ob die Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sind; hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht. Geht es – wie hier – um die Bewältigung einer mehrpoligen Interessenlage, sind die für die typisierende Regelung sprechenden Gesichtspunkte zugleich zu den Nachteilen und Belastungen ins Verhältnis zu setzen, die durch eine stärker differenzierende Regelung für Dritte oder die Allgemeinheit entstünden.

 

b) Indem der Gesetzgeber alle beitragspflichtigen Versicherten mit Kindern unterschiedslos dem gleichen Beitragssatz unterwirft, hat er die Grenzen seiner Typisierungsbefugnis überschritten.

 

aa) Nach den Ergebnissen des Mikrozensus 2019 ist der Anteil der Familien mit einem Kind ungefähr gleich groß wie der Anteil der Familien mit zwei oder mehr Kindern. Es ist anzunehmen, dass sich diese Verteilung unter den Versicherten der sozialen Pflegeversicherung nicht grundlegend anders darstellt. Der Anteil derjenigen, die aufgrund ihrer Kinderzahl einen höheren wirtschaftlichen Erziehungsaufwand haben, ist deswegen nicht verhältnismäßig geringfügig, sondern signifikant.

 

bb) Die unterschiedslose Beitragsbelastung der Versicherten mit Kindern führt zu einer Benachteiligung der Versicherten mit mehr gegenüber solchen mit weniger Kindern von einigem Gewicht. Je mehr Kinder beitragspflichtige Eltern aufziehen, desto höher ist der wirtschaftliche Erziehungsaufwand und desto mehr übersteigt dieser gegenüber Eltern mit weniger Kindern das – gleiche – Ausmaß an beitragsrechtlicher Besserstellung gegenüber den Kinderlosen, ohne dass dieser Mehraufwand durch den Zuwachs an Versicherungsschutz durch die beitragsfreie Familienversicherung vollständig ausgeglichen würde.

 

cc) Auch die vergleichsweise geringe absolute Belastungswirkung der Pflegeversicherungsbeiträge rechtfertigt keine weitergehende Typisierung. Jedenfalls vermögen Geringfügigkeitserwägungen substantielle und weit greifende Benachteiligungen im Kernbereich einer Regelung nicht zu rechtfertigen. Im Übrigen ist auch nicht anzunehmen, dass eine beitragswirksame Differenzierung je nach Anzahl der Kinder für die Versicherten notwendig nur vernachlässigbare Kleinstbeträge hervorbrächte.

 

dd) Die vorgenommene Typisierung lässt sich auch nicht unter Gesichtspunkten der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen. Vorliegend ist schon nicht erkennbar, dass die Berücksichtigung der Kinderzahl unverhältnismäßige Verwaltungsaufwände verursachte.

 

ee) Es ist schließlich auch nicht zu erkennen, dass eine in Abhängigkeit von der Kinderzahl erfolgende relative Entlastung notwendig die verfassungsrechtliche Belastungsgrenze kinderloser Versicherter oder solcher mit weniger Kindern überschritte. Dies ist schon angesichts der Einkommensabhängigkeit des Pflegeversicherungsbeitrags und des allgemeinen Niveaus des Beitragssatzes in der Pflegeversicherung nicht zu besorgen. Dem Gesetzgeber steht es auch frei, sich den weitergehenden Differenzierungsspielraum nicht oder nicht vollständig durch die „Umverteilung der Beitragslast“ von Eltern mit mehr Kindern auf Eltern mit weniger Kindern und Kinderlose, sondern (anteilig) auf andere Weise, nämlich durch steuerfinanzierte Bundeszuschüsse oder auch sonstige beitrags- und leistungsseitige Instrumente zu verschaffen.

 

B. Im Hinblick auf das Beitragsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung ist Art. 3 Abs. 1 GG nicht dadurch verletzt, dass Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung mit Kindern mit einem gleich hohen Rentenversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden.

 

I. In der gesetzlichen Rentenversicherung bedeutet die gleiche Beitragsbelastung von Eltern und Kinderlosen eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Die gesetzgeberische Konzeption ist darauf gerichtet, den wirtschaftlichen Aufwand der Kindererziehung im System der gesetzlichen Rentenversicherung faktisch beitragswirksam anzuerkennen.

 

Insbesondere die Anerkennung von Kindererziehungszeiten (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) dient im umlagefinanzierten System der gesetzlichen Rentenversicherung – neben dem Schutz vor erziehungsbedingten Versorgungsnachteilen im Alter – auch der Honorierung des Wertes der Kindererziehung. Kindererziehungszeiten sind Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Nach Erfüllung der allgemeinen Wartezeit begründet die Kindererziehungszeit eine eigenständige Rentenanwartschaft (vgl. § 70 Abs. 2 SGB VI). Die Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten werden zu den Entgeltpunkten für andere Beitragszeiten addiert, allerdings maximal bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Die rentenrechtliche Anerkennung von Kindererziehungszeiten auf der Leistungsseite stellt sich zugleich als faktische Entlastung auf der Beitragsseite dar. Ohne die leistungsrechtliche Anerkennung von Kindererziehungszeiten müsste der kindererziehende Versicherte den entsprechenden Anwartschaftsteil durch höhere Beiträge erwerben.

 

II. In dieser gesetzgeberischen Ausgestaltung liegt keine Benachteiligung der Eltern. Es ist nicht erkennbar, dass der wirtschaftliche Kindererziehungsaufwand durch die Anrechnung der Kindererziehungszeiten nicht schon im System der Rentenversicherung selbst hinreichend berücksichtigt wird.

 

Reduziert der ein rentenrechtliches Durchschnittseinkommen beziehende Elternteil seinen Erwerbsumfang und erbringt aus diesem Grund nur entsprechend verringerte Beiträge, führen die Kindererziehungszeiten für die Dauer von drei Jahren im Umfang der Reduzierung zum vollständigen Ausgleich des erziehungsbedingten Anwartschaftsnachteils. Insoweit bringt die rentenrechtliche Anerkennung der Kindererziehungszeiten auch bereits in der Erwerbsphase einen spürbaren wirtschaftlichen Vorteil hervor. Eine darüber hinausgehende Ausgleichswirkung ergibt sich insoweit, wie die rentenrechtliche Anerkennung nicht bereits zum Ausgleich eines Sicherungsdefizits „verbraucht“ wird.

 

Damit hat der Gesetzgeber einen hinreichenden Ausgleich für den wirtschaftlichen Kindererziehungsaufwand geschaffen. Mit der Kappung des Umfangs der rentenrechtlichen Anerkennung von Kindererziehungszeiten durch die Beitragsbemessungsgrenze hat der Gesetzgeber der im Beitragsrecht allgemein geltenden „Leistungsbemessungsgrenze“ Rechnung getragen, die den Renten einerseits ihre existenzsichernde Funktion erhält, dabei aber andererseits die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung für die Allgemeinheit sicherstellt. Die zeitliche Begrenzung der Kindererziehungszeiten trägt dem Umstand Rechnung, dass die Opportunitätskosten in den ersten Lebensjahren des Kindes besonders intensiv ausfallen. Zudem durfte der Gesetzgeber annehmen, dass die abseits des Rentenrechts in Verfolgung seines Gleichstellungsauftrags aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG ergriffenen Instrumente zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu einer Steigerung der Erwerbsquote und des Erwerbsumfangs insbesondere bei Müttern führen.

 

C. Auch im Hinblick auf das Beitragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung ist Art. 3 Abs. 1 GG nicht dadurch verletzt, dass Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung mit Kindern mit einem gleich hohen Krankenversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden.

 

I. In Ansehung der die Ausgestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung tragenden Strukturprinzipien bestehen zwischen beitragspflichtigen Eltern und Kinderlosen allerdings gleichheitsrechtlich relevante Unterschiede. Der in Familien mit Kindern bestehende mehrfache Bedarf an Krankenversicherungsschutz zieht erhöhten Unterhaltsaufwand nach sich, den Eltern in Ermangelung einer beitragsfreien Familienversicherung durch eigene Beiträge abdecken müssten. Diesen Unterhaltsmehraufwand hat der Gesetzgeber durch Schaffung der beitragsfreien Familienversicherung im System der gesetzlichen Krankenversicherung selbst im Wege faktischer Beitragsentlastung anerkannt.

 

II. Es fehlt allerdings an einer Benachteiligung, weil der wirtschaftliche Erziehungsaufwand durch die beitragsfreie Familienversicherung und die sie flankierenden kinderbezogenen Leistungen nicht nur anerkannt, sondern schon im System hinreichend kompensiert wird.

 

Leistungen zur Behandlung von Krankheiten und zur gesundheitlichen Vorsorge werden – anders als pflegebezogene Leistungen – in erheblichem Umfang auch schon in Kindheit und Jugend in Anspruch genommen. Hierbei und auch bei dem diesen Leistungen zu Grunde liegenden Versicherungsschutz handelt es sich um einen in der Phase der Kindererziehung und -betreuung wirtschaftlich spürbaren Vorteil.

 

Das Ausmaß dieses Vorteils lässt sich nicht mit dem Argument in Zweifel ziehen, dass beitragspflichtige Eltern mehr in das Umlagesystem der gesetzlichen Krankenversicherung einzahlen, als sie und ihre mitversicherten Angehörigen an Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen. Sie befinden sich insoweit in keiner anderen Lage als kinderlose erwerbstätige Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, bei denen die Differenz zwischen eigenen Beitragszahlungen und in Anspruch genommenen Leistungen vielfach noch größer ausfällt und die mit ihren Beiträgen solidarisch die beitragsfreie Mitversicherung dadurch mitfinanzieren, dass – würden Kinderlose von einem entsprechenden Beitragsanteil freigestellt – beitragspflichtige Eltern höhere Beiträge zu entrichten hätten.