Vorweg: Es mag sein, dass die Darstellung in diversen Presseartikeln am Ende vertretbar ist bzw. der Journalist auch in der Bewertung recht hat. Darf er aber über Tatsachen hinaus seine Meinung einfach so mit einflechten? Dürfen sachliche Artikel manipulativ sein?

 

Ich denke: Nein. Wenn das der Fall ist, sollte ein Artikel zwingend als Kommentar (Meinung) gekennzeichnet werden und nicht nur als News.

 

Wie wird berichtet? Das Nachrichtenmagazin „Focus“ berichtet am 24.08.2022 mit der Überschrift „Auf dem Beifahrersitz hockt Mutti: Porsche-Protzer (17) rast mit 200 durch 120er-Zone“

 

Was ist wirklich geschehen?

 

Ein 17-Jähriger, der im Besitz einer Prüfbescheinigung für „begleitetes Fahren ab 17“ ist, war auf der Autobahn mit 200 km/h unterwegs, obwohl ein Teilabschnitt auf 120 km/h begrenzt war. Gefährdet wurde niemand. Einen Unfall gab es auch nicht. Die Geschwindigkeitsbegrenzung war deshalb ausgeschildert, weil in dem Bereich keine Seitenstreifen vorhanden waren. In solchen Fällen wird die Höchstgeschwindigkeit regelmäßig auf 120 km/h begrenzt.

 

Nach dem Bußgeldkatalog wird dieser Verstoß mit € 600,00 geahndet und einem 2-monatigen Fahrverbot. Zusätzlich drohen 2 Punkte im Verkehrszentralregister.

 

Der junge Mann hat sich also nicht strafbar gemacht. Offensichtlich war er in einem Porsche unterwegs.

 

Entweder war es die Polizei selbst oder der Redakteur, der für den Bericht verantwortlich ist. Auffällig ist der verurteilende Schreibstil:

 

Weil er einen Porsche fährt, wird er als "Porsche-Protzer" bezeichnet. Dann fährt er nicht lediglich mit erhöhter Geschwindigkeit, er „rast“. Er fährt auch nicht in einem Abschnitt für 120 km/h, sondern in einer „Zone“. Das hört sich an wie "Spielstraße" oder "Anwohnerzone". Bei Autobahnen ist das in der Regel ein Streckenabschnitt und keine „Zone“. „Auf dem Beifahrersitz hockt Mutti“. Die Mutti ist bei einem 17-Jährigen wahrscheinlich noch nicht einmal 40 Jahre alt und würde von den meisten nicht flapsig und damit abwertend als „Mutti“ bezeichnet werden. Von dem Redakteur schon, der die Frau aber nicht kennt. Auch „hockt“ sie auf dem Beifahrersitz. Sie sitzt nicht einfach nur. Möglicherweise ist das der vorangehenden Formulierung geschuldet, weil dort das Wort „Beifahrersitz“ verwendet wird und da kann man danach nicht einfach das Wort "sitzen" benutzen, weil sich das dann blöd anhört. "Hocken" tut man aber auf einem Schemel oder Stuhl, nicht in dem bequemen Ledersessel eines Porsches. Der Autor im Focus findet dann weiter: „Besonders skurril: Die Mutter saß während der Raserfahrt auf dem Beifahrersitz“. Das muss sie auch, weil der 17-Jährige nur in Begleitung fahren darf.

Auf freier Strecke ist für einen Porsche 200 km/h nichts Besonderes. 200 km/h sind bei gut ausgerüsteten Fahrzeugen normale Reisegeschwindigkeit. Hier gab es halt eine Geschwindigkeitsbeschränkung. Als Grund wird hier genannt, dass in dem Bereich die Seitenstreifen fehlen. Das Bild, das die Polizei Brandenburg zur Verfügung gestellt hat, zeigt zwar einen Porsche. Rechts gibt es aber einen Seitenstreifen. Wird da ein falsches Bild verwendet? Warum ist das Verfolgerfahrzeug bei 200 km/h gerade mal eine oder zwei Fahrtlängen hinter dem Fahrzeug? Der Porsche-Fahrer soll 200 km/h schnell gewesen sein. Muss gegen die Polizisten ein Verfahren wegen zu geringem Abstand eingeleitet werden? Was ist wirklich geschehen? Ist der Pressebericht es überhaupt wert, veröffentlicht zu werden? Oder ist das eine PR-Maßnahme der Polizei Brandenburg feat. Focus-Redakteur?

 

 

Der unsachliche Focus-Bericht ist nachzulesen unter https://www.focus.de/panorama/welt/porsche-protzer-in-brandenburg-17-jaehriger-rast-mit-200-durch-120er-zone-mutter-sitzt-daneben_id_137058385.html