Thilo Pfordte, Strafverteidiger des Ex-Audi-Chefs Rupert Stadler ist in seiner Eröffnungserklärung die Staatsanwaltschaft heftig angegangen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seien ungerecht, überzogen wie beispielsweise die Telefonüberwachung seines Mandanten (die dann später prompt einen Haftgrund lieferte). Außerdem hätte Rupert Stadler allenfalls mit anderen Ex-Managern verklagt werden dürfen, nicht mit hierarchisch untergebenen Angestellten. Ob das wirklich nicht sein darf, darf bezweifelt werden. In erster Linie wirken die geltend gemachten Ansprüche auf Sonderbehandlung irgendwie arrogant. Das klingt fast so, wie wenn ein Mafiaboss zusammen mit dem Auftragsmörder, den er selbst angeheuert haben soll, nicht zusammen auf der Anklagebank sitzen möchte. Ob diese Rhetorik dem Mandanten hilft, wird man sehen.

 

Auffällig ist, dass gerade in Prozessen hoher öffentlicher Aufmerksamkeit Verteidiger manchmal zu Effekthascherei neigen, ohne dass hierbei genau erkennbar ist, ob das dem Mandanten nutzen wird.

 

Die Verteidiger von Rupert Stadler haben ihren Mandanten bereits am ersten Tag ganz schlecht aussehen lassen und das ganz ohne Worte.

 

Rupert Stadler war der Öffentlichkeit (und damit auch dem Richterkollegium) aus „Funk und Fernsehen“ bekannt als taffer Manager, kurzer Haarschnitt, Businessbrille, perfekter Anzug. Und wie kam Rupert Stadler jetzt daher? Er kam als „Rupert“. Er kam als Privatier, mit gewelltem längeren vergilbtem Haar mit leichtem Ecru-Gelbstich (spätestens seit Donald Trump ein absolutes No-Go), einer runden Schlaumeier-Brille, lockerem Anzug und offenem Hemd und ganz besonders auffällig: schmallippig. Und dazu noch erklärten die Anwälte, dass ihr Mandant erstmal nichts sagen wird.

 

Ganz offensichtlich gab es zwischen Verteidigung und Mandant im Vorfeld kein Prozesscoaching, wie Rupert Stadler erscheinen sollte. Sonst wäre er anders aufgetreten. Jetzt ist der erste Eindruck eher der eines Unsympathlings. Egal wie lange die Richter professionelle Richter sind. Der erste Eindruck zählt immer, insbesondere wenn die Richterbank zusätzlich mit Laienrichtern besetzt ist. Nicht die Anklage ist schon jetzt „in Schieflage“, viel mehr ist es das Bild vom Angeklagten Stadler.

 

Es ist noch nicht zu spät: Zwar kann man den ersten Eindruck nicht wiederholen, aber man kann am zweiten Eindruck arbeiten. Im Interesse des Angeklagten muss die Verteidigung dies schleunigst tun.