Über Jahrzehnte hinweg wurde der Todeszeitpunkt von Verstorbenen wesentlich nach der Henßge-Tabelle berechnet. Claus Henßge war der ehemalige Leiter des Instituts für Rechtsmedizin am Uniklinikum Essen. Er hat den Abkühlungsprozess von Leichen genau erfasst und immer mehr präzisiert. Die Methodik ist Standard für die Einschätzung eines Todeszeitpunktes, insbesondere für die Überprüfung von Alibi-Angaben verdächtiger Personen. Wird ein lebloser Körper frühzeitig aufgefunden, kann der Todeszeitpunkt bestimmt werden nach folgenden Indizien:

 

  • Ausprägung, Wegdrückbarkeit und Umlagerbarkeit der Leichenflecke
  • Eintritt, Ausprägung, Lösung der Leichenstarre
  • Mechanische Erregbarkeit der Muskulatur
  • Elektrische Erregbarkeit der Muskulatur
  • Abkühlung der Leiche.

 

Die Temperatur wurde bislang immer ganz „klassisch“ gemessen, nämlich rektal. Niederländische Wissenschaftler haben die Methodik nunmehr verfeinert, indem die Körpertemperatur an verschiedenen Körperstellen gemessen wird und äußeren Umständen eine größere Bedeutung zukommen. Hierzu werden Wärmekameras oder Sensoren eingesetzt. Diese messen die Körpertemperaturen an insgesamt vier Regionen: an Brust, Bauch, Stirn und Oberschenkel. Berücksichtigt werden hierbei Körperfettanteil, Bekleidung und selbst ein starker Bartwuchs oder lange Haare sind von Bedeutung. Diese Methode, die bisher nur in Laborbedingungen nachgewiesen ist, kann den Todeszeitpunkt in der Regel auf eine halbe Stunde bis Stunde genau feststellen, während die „Rektal-Methode“ drei bis sieben Stunden von der Wirklichkeit abweicht. Diese Methode könnte schon nächstes Jahr zum Standard werden.