Das Gesetz sieht im Falle einer unrechtmäßig erlittenen Haft eine Entschädigung in Höhe von 75 € pro Tag vor. 75 € pro Tag erachten wir jedoch als zu niedrig und es kann eine höhere Entschädigung geboten sein. Die Höhe dieser richtet sich nach dem Einzelfall.

 

Auch im Falle einer zu Unrecht erfolgten polizeilichen Ingewahrsamnahme hat eine festgenommene Person Anspruch auf Schmerzensgeld.

 

So hat das OLG Koblenz erläutert, dass ein Festgenommener sofort freizulassen ist, sofern ein Facharzt für Psychiatrie eine Eigen- oder Fremdgefährdung nach rechtmäßiger Ingewahrsamnahme ausgeschlossen ist. Andernfalls ist dem Betroffenen Schmerzensgeld und Schadensersatz zu zahlen.

 

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juli 2015 hat ein Mann die Polizei angerufen, da er sich durch seine alkoholisierte Nachbarin, eine Realschullehrerin, angegriffen und bedroht gefühlt habe. Die Nachbarin schrie die dann hinzugekommenen Polizisten an. Diese ordneten eine Untersuchung der Lehrerin in einer Klinik aufgrund ihrer sichtlichen Alkoholisierung an. Als sie nicht in den Krankenwagen einsteigen wollte, packten die Polizisten die Frau und brachten sie in eine Psychiatrie.

 

Die anwesende Fachärztin stellte fest, dass der Verdacht einer Alkoholerkrankung der Lehrerin vorliegt, schloss aber eine Eigen- oder Fremdgefährdung durch die Frau aus. Trotz des Ausschlusses einer Gefährdung brachten die Polizisten sie dann unter Anwendung körperlichen Zwanges in polizeiliche Ingewahrsamnahme für ca. 13 Stunden über Nacht.

 

Dagegen klagte die Frau. Das OLG hat der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 400 € zugesprochen. Es stellte fest, dass das erste Verbringen in die Psychiatrie aufgrund der sichtlichen Alkoholisierung der Klägerin rechtmäßig war, da dies zum Schutz gegen Gefahren für Leib und Leben erforderlich sei. Allerdings seien die polizeilichen Maßnahmen ab dem Zeitpunkt rechtswidrig gewesen, als die Klägerin im Krankenhaus untersucht wurde und sie mangels Eigen- und Fremdgefährdung hätte entlassen werden müssen.

 

Der Klägerin wurde nicht genug Schmerzensgeld zugesprochen. Es deckt nicht einmal annähernd die Gerichtskosten. Auch musste sie sich als Folge des Vorfalls einer „Zwangskur“ unterziehen, um gegenüber ihrer Dienststelle den Verdacht einer Alkoholerkrankung auszuräumen. Wegen der Kur musste die Lehrerin eine Urlaubsreise absagen, deren Kosten ihr dem Urteil nach nicht zu erstatten waren.

 

Dennoch lohnt sich im Falle einer unrechtmäßigen Ingewahrsamnahme eine Klage: Das Schmerzensgeld wird nämlich nach dem Einzelfall bemessen und könnte unter Umständen höher ausfallen als das der Lehrerin zugesprochene Schmerzensgeld. Auch Kosten für einen entgangenen Urlaub sind je nach Einzelfall erstattungsfähig. Im vorliegenden Fall wurden der Klägerin die Kosten für den Urlaub nur deswegen nicht erstattet, da die Mitteilung des Einsatzberichts an ihre Dienststelle rechtmäßig war und diese Einsatzmeldung nicht ursächlich dafür war, dass die Klägerin sich auf ihre Dienstfähigkeit untersuchen lassen musste. Denn schließlich war die Klägerin tatsächlich stark alkoholisiert und die Maßnahmen bis zur Feststellung des Ausschlusses einer Gefährdung rechtens.

 

[Quellen: https://www.lawinfo.de/index.php/32-ausgewaehlte-rechtsgebiete/strafrecht/1196-kuenftig-gibt-75-euro-haftentschaedigung-pro-tag (Stand 21.04.2023); https://www.lawinfo.de/index.php/32-ausgewaehlte-rechtsgebiete/strafrecht/1196-kuenftig-gibt-75-euro-haftentschaedigung-pro-tag (Stand 21.04.2023); OLG Koblenz, Beschluss v. 7.3.2018, 1 U 1025/17]