Eine Käuferin und ein Käufer hatten beide VW auf Schadensersatz nach dem Erwerb eines Neuwagens verklagt. Die Klägerin hat im Jahr 2012 einen Neuwagen bei VW für rund € 36.000 erworben, der Kläger im Jahr 2013 einen Neuwagen für rund € 30.000. Beide Autos waren mit der Manipulationssoftware ausgestattet, welche erkennt, dass sich das Auto gerade auf dem Prüfstand befindet und deshalb, um im Labor bessere Abgaswerte zu erreichen in einen optimierten Modus schaltet. Auf der Straße im Alltag wechselt die Software sodann in den gewöhnlichen Abgasrückführungsmodus, sodass im Ergebnis mehr Abgase produziert werden, als die Messungen auf dem Prüfstand ergeben. Die Klägerin und der Kläger ließen nach Bekanntwerden der Abgasaffäre im Herbst 2015 jeweils ein Software-Update installieren.

 

Die Klagen gegen Volkswagen erfolgten jeweils aber erst im Jahr 2020. Im Fall des Klägers hatte das OLG Koblenz die Klage insgesamt wegen Verjährung abgewiesen. Zur Begründung führte es aus, der Mann habe die Abgasaffäre bereits 2015 mitbekommen und dementsprechend früher klagen müssen.

 

Im Fall der Klägerin hatte das OLG Oldenburg ebenfalls wegen Verjährung abgewiesen. Jedenfalls ab 2016, also vor der Verjährung mit Ablauf des 31. Dezember 2019, sei der Klägerin eine Klage gegen VW zumutbar gewesen.

 

Der BGH hatte nun in beiden Fällen nur noch über einen Anspruch auf Restschadensersatz aus § 852 S. 1 BGB zu entscheiden. Er urteilte, dass ein Anspruch auch dann besteht, wenn VW auch vor Ablauf der Verjährung ohne Schwierigkeiten in Anspruch genommen hätte werden können. Dass ein Kläger sich an einem Musterfeststellungsverfahren nicht beteiligt hat, ändert daran nichts.

 

VW muss also Restschadensersatz zahlen und kann dabei auch keine Herstellungskosten für die Autos abziehen, da das Unternehmen sich „bösgläubig“ bereichert hat, so der BGH. Im Gegenzug müssen die Kläger jedoch ihre Autos zurückgeben und sich die bereits gefahrenen Kilometer als Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.

 

Wie viel wegen der Nutzung der Fahrzeuge abgezogen werden muss, müssen nun die beiden OLG entscheiden, an welche die beiden Fälle zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen wurden.

 

Ob sich nun eine Klage auf Restschadensersatz lohnt, ist vom Einzelfall abhängig. Zunächst einmal steht die Frage im Raum, ob man sich überhaupt von seinem Auto trennen möchte. Weiter kommt es darauf an, wie intensiv das Auto gefahren wurde, also wie viele Kilometer man sich anrechnen lassen muss. Die Frist für eine Klage auf Restschadenschadensersatz beträgt 10 Jahre ab Kauf. Insoweit kommt eine Klage also nur noch für diejenigen in Frage, die ihren manipulierten Diesel zwischen Februar 2012 und September 2015 erworben haben, da damals der Skandal ans Licht kam. Ferner gibt es einen Anspruch auf Restschadensersatz nur bei Neuwagen und nicht bei Gebrauchtwagen.

 

[BHG Urteil vom 21.02.2022, Az. VI a ZR 8/21 und VI a ZR 57/21]