Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 24.05.2019:

Entscheidungen in „Dieselfällen“: Verkäufer von Neufahrzeugen mit unzulässiger Abschalteinrichtung nach jahrelanger Nutzung durch die Käufer zur Lieferung von typengleichen Nachfolgemodellen verurteilt

Der für die südbadischen Landgerichtsbezirke (Offenburg, Freiburg, Konstanz und Waldshut-Tiengen) für sog. „Dieselverfahren“ zuständige 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe in Freiburg hat durch Urteile vom 24.05.2019 in drei Fällen den Klagen von Käufern neuer Dieselfahrzeuge, die mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen waren, stattgegeben. Die beklagten Autohäuser wurden zur Lieferung eines fabrikneuen, typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion gegen Rückgabe des gekauften Fahrzeuges verurteilt.

Zusätzlich zur Fahrzeugrückabwicklung steht unserer Meinung nach den Käufern von Betrugsdieseln eine  zusätzlicher gesonderter Schadensersatz zu. In einem Schadensersatzprozess gegen gegen VW und Martin Winterkorn persönlich haben wir als weitere Schadensersatzposition einen Ausgleich für den erlittenen Vertrauensschaden in eine Premiummarke rechtshängig gemacht. 

 

Mit der Vertrauensschadenskompensation soll auch der Vertrauensschaden berücksichtigt werden, den VW-Konzern bei Kunden ganz allgemein angerichtet hat. VW, Audi, BMW und Daimler gehören zu den absoluten Premiumklassen und angesehensten Markenprodukten aus Deutschland. Die Käufer dieser Marken honorieren durch ihren Kauf das weltweit gute Image der Konzerne für Qualitätsarbeit, Verlässlichkeit und saubere Arbeit.

 

Viele Käufer – darunter auch die Klägerin – haben sich über Jahrzehnte hinweg leiten lassen von den Marketing- und Werbeaussagen. Auf der IAA 2007 tönte Martin Winterkorn wörtlich: "Wer solche Produkte wie wir unter einem Dach einer Marke vereint, kann mit Recht für sich in Anspruch nehmen: Wir sind das Auto. Wir wollen damit sagen, dass Volkswagen genauso ein Gattungsbegriff ist wie Tempo-Taschentücher und Coca-Cola."

Das Landgericht Erfurt geht derzeit einzig der Frage nach, ob unionales Zulassungsrecht zur Typengenehmigung von Fahrzeugen den späteren Käufern von Fahrzeugen subjektive Rechte einräumt. Es geht also um die Frage, ob die §§ 6 Abs. 1,27 Abs. 1 EG-Vgf einen drittschützenden Charakter enthalten, das heißt auch den (Vermögens-) Interessen des Käufers dienen. Daraus entwickelt sich dann die Frage, ob die wirksame Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen oder Rückabwicklung bei Anrechnung eines Nutzungsvorteils erschwert oder gar vereitelt wird. Sollte das der Fall sein, darf der Hersteller auf den Kaufpreis keine Abzüge vornehmen.

Während sich die Besitzer von Betrugs-Diesel bei Rückabwicklung in den ersten Diesel-Urteilen einen Nutzungsabzug haben gefallen lassen müssen, klagen wir den Kaufpreis ein,  zuzüglich gesetzlicher Zinsen ohne Abzug von Gebrauchsvorteilen oder Nutzungsersatz. Die Grundfrage ist nämlich: Warum sollten Betrüger dafür entschädigt werden, dass sie einem Käufer ein lausiges Fahrzeug angedreht haben? Dem Hersteller war doch egal, was mit dem Fahrzeug geschieht, Hauptsache der Betrug fliegt nicht auf. Jetzt, wo das geschehen ist, läuft das Ganze rückwärts.

Wenn man der Bild-Zeitung glauben darf (was bei Aufdeckung von Skandalen erfahrungsgemäß regelmäßig der Fall ist), hat Daimler bei den Motoren mit der Bezeichnung OM 651 und OM 642 zwischen 2012 und 2015 eine unzulässige Software eingebaut. Von der kriminellen Energie her wäre das Variante Dieselbetrug 2.0. Mindestens beim Modell GLK 220 CDI wurde von Daimler eine sogenannte „Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung“ zur Manipulation von Abgastests verwendet.

Der Autohersteller behauptet zwar noch, dass die Software legal eingebaut worden sei, seltsamerweise für Daimler derzeit bei 4 Millionen Fahrzeugen in ganz Europa Software-Updates durch, auch an Fahrzeugen die angeblich gar nicht betroffen sind. Versucht Daimler, betroffene Fahrzeuge heimlich um zu programmieren? Wer ein Fahrzeug bei Mercedes in die Werkstatt gibt oder zum Kundendienst, sollte sich im Nachhinein eine Bestätigung oder Versicherung dahingehend geben lassen, ob Änderungen an der Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung oder der Programmierung in diesem Zusammenhang vorgenommen oder geändert wurden.