Ein Arbeitgeber muss regelmäßig erst einmal abmahnen, bevor er das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen kann. Dies gilt insbesondere, wenn der betroffene Arbeitnehmer nur einmal unentschuldigt gefehlt hat und zwar auch, wenn dies bereits am 3. Arbeitstag passiert.

Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmerin zum 01.08.2019 eingestellt. Nachdem sie am 01. und 02.08. vor dem Wochenende gearbeitet hat, blieb sie am 05. und 06.08. vereinbarungsgemäß zwecks Kindergarten-Eingewöhnung ihres Sohnes der Arbeit fern. Mit Schreiben vom 05.08. kündigte ihr der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 12.08.2019. Am 07.08. fehlte die Arbeitnehmerin unentschuldigt. Für den 08. und 09.08. liegen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Mit E-Mail vom 08.08. kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos. Die Kündigung ging der Arbeitnehmerin am 09.08. schriftlich zu. Die Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage gegen die zweite, fristlose Kündigung und verlangte die Einhaltung gesetzlicher Kündigungsfristen hinsichtlich der ersten Kündigung. Der Arbeitgeber bestand auf seiner fristlosen Kündigung und war der Auffassung, dass es sich vorliegend um ein „gescheitertes Arbeitsverhältnis“ handelt. In diesem Fall sei eine Abmahnung entbehrlich gewesen.

Der Arbeitnehmer ist für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastet. Vor dem 01.01.2023 wurde dieser Beweis in der Regel durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Arbeitnehmer beim Arbeitgeber geführt. Dieser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kam ein hoher Beweiswert zu.

 

Mit Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 1.1.2023 ist diese Vorlagepflicht an den Arbeitgeber für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer entfallen. Diese müssen nun nur noch die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellen und sich selbst eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aushändigen lassen. Die Pflicht die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich bei seinem Arbeitgeber zu melden, bleibt jedoch bestehen (vgl. § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz).

 

Aber was passiert, wenn der Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hat?

Das Bundesarbeitsgericht verlangt grundsätzlich vor einer verhaltensbedingten Kündigung eine vorherige Abmahnung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, da eine Kündigung stets das letzte Mittel darstellen muss. Eine Abmahnung ist die Aufforderung, ein arbeitsvertragswidriges Verhalten einzustellen sowie dieses künftig zu unterlassen.

 

Eine Abmahnung muss daher das Fehlverhalten des Arbeitnehmers exakt und konkret beschreiben und bestenfalls mit Ort, Datum und Uhrzeit versehen werden. Auch der Hinweis, dass ein weiteres künftiges Fehlverhalten des Arbeitnehmers zur Kündigung führt oder jedenfalls dazu führen kann, ist notwendiger Bestandteil einer Abmahnung. Die Abmahnung sollte zudem zeitnah erfolgen (Faustformel: 14 Tage), um den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und der entsprechenden Rüge zu wahren. Es sei denn, der Arbeitgeber hat Nachforschungen oder dergleichen anzustellen, um sich des Fehlverhaltens sicher sein zu können. Nachfolgend muss dem Arbeitnehmer, vor dem Ausspruch einer Kündigung, eine „Bewährungszeit“ von mindestens vier Wochen gewährt werden, in der er zeigen kann, dass es sich um ein einmaliges Fehlverhalten handelte. Wenn sich der Arbeitnehmer daraufhin längere Zeit kein Fehlverhalten zuschulden kommen lässt, verliert die Abmahnung ihre Warnfunktion und folglich ihren Vorstufencharakter zur Kündigung.

Enthält ein Arbeitsvertrag die Klausel „Es wird keine Probezeit vereinbart.“, liegt darin für sich genommen keine Vereinbarung des Verzichts auf die sechsmonatige Wartezeit bis zum Eingreifen des allgemeinen Kündigungsschutzes nach § 1 Abs. 1 KSchG.

Hierauf machte das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg aufmerksam. Die Richter wiesen darauf hin, dass mit der Vertragsklausel nur klargestellt werde, dass keine Probezeit im Sinne des § 622 Abs. 3 BGB, die zu einer kürzeren Kündigungsfrist führen würde, vereinbart wird. Abbedungen ist damit nur die Kündigungsfrist von zwei Wochen innerhalb der ersten sechs Monate. Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift dagegen weiterhin erst nach Ablauf der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses. Bis dahin kann der Arbeitgeber ohne Angabe von Kündigungsgründen kündigen.

Vor allem nach einer Kündigung steht die Frage nach einer möglichen Abfindung im Raum. Diesbezüglich existieren eine ganze Reihe von Irrtümern sowie Halbwahrheiten. Denn die meisten Arbeitnehmer gehen davon aus, dass sie ein Recht auf eine Abfindung haben. Denn schließlich erhalten Manager von Spitzenkonzernen oftmals Millionenbeträge, wenn sich ihre Firma von ihnen trennt. Doch dies ist laut aktuellem Arbeitsrecht nicht automatisch bei jedem Arbeitsverhältnis der Fall.