Es war ein Wahlversprechen der SPD, im Falle der Regierungsübernahme den Mindestlohn (quasi bis ein Jahr nach der Wahl) auf € 12,00 zu erhöhen. Je mehr es anscheinend „dagegen“ geht, mehren sich die Stimmen, die das Wahlversprechen für nicht umsetzbar halten. Die Erhöhung auf € 12,00 zum 1. Oktober diesen Jahres wäre letztlich ein Angriff auf die Tarifautonomie. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Kampeter beschreibt die außerplanmäßige Erhöhung: „Aus Tariflöhnen werden Staatslöhne“. Renommierte Staatsrechtler und ein Gutachten, das BDA in Auftrag gegeben hat, halten die Anhebung des Mindestlohns für rechtsstaatlich unzulässig. Das wäre nämlich ein Abweichen und Missachtung der Tätigkeit der Mindestlohnkommission. Denn die entscheidet alle zwei Jahre über die Anhebung der gesetzlichen Lohnuntergrenze unter Heranziehung bestimmter festgelegter Kriterien. Dies würde durch die neue Regierung völlig ausgehebelt werden. Und wie soll die Kommission danach weitermachen?

 

Wer Personen beschäftigt, die lediglich aufgrund der Anhebung des Mindestlohns auf einen Stundensatz von € 12,00 kommen, sollte man zuvor genau anschauen, ob diese Personen einen solchen „Mehrwert“ überhaupt generieren.

 

Sicherlich wird die Verfassungskonformität irgendwann vom Verfassungsgericht auch geprüft werden. Die Löhne, die bis dahin dann bezahlt sind, sind aber auf jeden Fall „weg“.

 

Es bleibt zu wünschen, dass ein Klagebefugter jetzt weit vor dem 01.10.2022 eine obergerichtliche Entscheidung herbeiführt. Bislang ist dieser Schritt aber noch nicht bekannt.

 

Leider geht diese einschneidende Änderung im Schatten des Ukraine-Krieges etwas unter. Dabei sollte man auch in diesem Zusammenhang äußerst wach sein. Die Wirtschaft und der Mittelstand muss im Moment schon bedeutend viele Einschnitte und Beschränkungen hinnehmen, ganz zu schweigen von den Teuerungsraten und der aktuellen Inflation. Mit Eskalationen in der Ukraine bishin zu einem vollständigen Gasembargo muss in den nächsten Wochen und Monaten gerechnet werden. Da muss sich die Wirtschaft und der Arbeitgeber nicht noch mehr zusätzliche Kosten aufladen. In Anbetracht der weltweiten Umwälzungen braucht es nicht noch die Umsetzung eines Wahlversprechens.

 

Um nicht falsch verstanden zu werden:

Gute Arbeit soll gut bezahlt werden, zumindest jedenfalls angemessen. Die Hochstufung des Mindestlohns (für Zuarbeiten welcher Art auch immer) auf € 12,00 entwertet die qualifizierten Arbeiten. Bei einem solchen Niveau muss man auch damit rechnen, dass Arbeitgeber künftig bei Arbeitsleistungen „unter Niveau“ den Stundensatz eventuell herunterstreichen werden.