Eine Schenkung ist sowohl für den Schenkenden als auch für den Beschenkten ein schöner Moment. Rechtlich gesehen, zeichnet sich die Schenkung gegenüber anderen Vertragstypen insbesondere dadurch aus, dass der Beschenkte grundsätzlich nicht zu einer Gegenleistung verpflichtet ist. Doch das ist nicht ganz korrekt. Schenkungen erfolgen zwar nicht in der Erwartung einer Gegenleistung, wohl aber regelmäßig in der erkennbaren Erwartung, der Beschenkte werde sich freuen, nachträglich dankbar sein oder sich zumindest nicht als „unwürdig“ erweisen.[1] Dieser Erwartungshaltung des Schenkers hat der Gesetzgeber in § 530 BGB Rechnung getragen. Nach diesem kann eine Schenkung widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers wegen groben Undanks schuldig macht, vgl. § 530 I BGB.

 

Für einen sogenannten Schenkungswiderruf wegen grobem Undank reicht es nicht aus, dass der Dank nur ausbleibt. Viel eher ist eine schwere Verfehlung des Beschenkten gegen den Schenker oder dessen nahe Angehörige erforderlich,[2] welche auch nur in Ausnahmefällen angenommen werden darf und eine Gesamtbetrachtung aller Umstände erfordert.[3] Relevant ist dabei nicht nur das Verhalten des Beschenkten. Es ist auch das Verhalten des Schenkers zu berücksichtigen.[4] Maßgeblich ist nicht nur das Verhalten im Zeitpunkt der Übergabe des Geschenkes zu betrachten ist, sondern vielmehr das Gesamtverhalten des Beschenkten gegenüber dem Schenker ab dem Zeitpunkt der Schenkung. Dies lässt sich leider nur sehr vage fassen und bedeutet nicht, dass man auf ewig in der tiefsten Schuld des Schenkers steht.  Gerade im Rahmen von längerfristigen Beziehungen wie in Familienbeziehungen gibt es nicht immer nur gute Tage. Hier kann eine eigene Verfehlung des Schenkers gegenüber dem Beschenkten zwar nicht das Verhalten des Beschenkten rechtfertigen, aber in einem milderen Licht erscheinen lassen.[5]

 

Wichtig zu wissen ist aber auch, dass sich der grobe Undank des Beschenkten nicht nur auf den Schenker beziehen kann. Die sogenannten „Dankesschulden“ sind zwar grundsätzlich höchstpersönliche Schulden. [6] Aber auch schwere Verfehlungen gegen einen Angehörigen des Schenkers können beachtlich sein, wenn darin grobe Undankbarkeit gegenüber dem Schenker persönlich zum Ausdruck kommt.[7] Maßgebend ist dabei, wieweit die Verfehlung gegen den Angehörigen im Schenker selbst berechtigterweise das Gefühl einer eigenen Kränkung hervorrufen kann.[8] Interessant ist hier die Schenkung von Schwiegereltern an ihre Schwiegerkinder. Im Einzelfall können eheliche Verfehlungen gegenüber dem Partner auch Verfehlungen gegenüber den Schwiegereltern darstellen.[9] Diese wären dann zu einem Widerruf der Schenkung berechtigt.

 

Damit nun nicht jeder Beschenkte Angst haben muss, bei einem Streit mit dem Schenker wieder sein Eigentum verlieren zu können, legt der Gesetzgeber die Messlatte für einen wirksamen Schenkungswiderruf wegen grobem Undank sehr hoch. Einleuchtend ist, dass bei einer Bedrohung des Lebens, schweren körperlichen Misshandlungen, bewusst grundlosen Strafanzeigen, Heimeinweisungen oder Beleidigungen ein Schenkungswiderruf wegen grobem Undank zulässig ist.[10] Bei anderen Fällen gestaltet es sich schwieriger. Im ersten Entwurf zum BGB waren in dem alten § 449 BGB noch die einzelnen Fallgruppen schwerer Verfehlungen Fallgruppenartig aufgezählt. [11] Das wurde jedoch nicht übernommen, sondern die Einschätzung wird dem richterlichen Ermessen überlassen.[12] Daraus resultiert, dass nicht für jeden Fall genau vorhergesagt werden kann, ob eine Schenkung wegen groben Undanks widerrufen werden kann. Man kann jedoch einzelne Fallkonstellationen von Schenkungen festhalten, in welchen es wiederholt und regelmäßig zu Streitigkeiten kommt.

 

1. Schenkungen im partnerschaftlichen Bereich

Die sehr häufig stattfindenden Schenkungen im partnerschaftlichen Bereich, egal ob verheiratet oder nichteheliche Lebensgemeinschaft, unterliegen besonderen Anforderungen. Nicht jedes ehewidrige Verhalten reicht für eine schwere Verfehlung gegenüber dem schenkenden Ehegatten aus.[13]

Ein Ehebruch indiziert zwar eine schwere Verfehlung gegenüber dem schenkenden Ehegatten, es müssen aber noch gesonderte Umstände dazu treten. [14] Weder eine aus dem Ehebruch resultierende Schwangerschaft[15], noch die Trennung von dem Ehepartner führen zwangsläufig zu einer schweren Verfehlung.[16] Dennoch können heimliche Seitensprünge eine schwere Verfehlung darstellen, wenn gleichzeitig weiter Geschenke des Partners entgegengenommen werden.[17] Eine grundsätzliche Aussage lässt sich nicht treffen, es sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu beachten.

 

2. Rechtsausübung zu Lasten des Schenkers

Wichtig festzuhalten ist, dass die Dankesschuld grundsätzlich niemanden an der Ausübung seiner Rechte hindern soll. Das dem Beschenkten zustehende Eigentumsrecht an einem geschenkten Haus beispielsweise oder aber auch allgemeine staatsbürgerliche Rechte wie die Erstattung von (begründeten!!) Strafanzeigen dürfen ohne Einschränkung ausgeübt werden. [18] Der Schenker darf allerdings erwarten, dass der Beschenkte nicht vorschnell handelt und seine Interessen gebührend berücksichtigt werden.[19] Die Gefährdung der beruflichen Existenz des Schenkers durch die Ausübung der Eigentümerposition am geschenkten Gebäude oder ein sofortiges Räumungsverlangen werden daher als grober Undank gewertet.[20]

 

Interessant ist auch der grobe Undank im Rahmen der Schenkung eines Gesellschaftsanteils. Sofern ein objektiver Anlass dazu besteht, kann der Schenker von dem Beschenkten aus der Unternehmensleitung ausgeschlossen werden. Das kann sich sogar aus einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ergeben.[21] Beruht das Ausschlussverfahren jedoch auf einer feindseligen Gesinnung, so kann ein Fall des groben Undanks vorliegen und die Schenkung widerrufen werden.[22]

 

3. Vererbbarkeit des Widerrufsrechts

Wie oben bereits schon angemerkt, ist das Widerrufsrecht des Schenkers ein höchstpersönliches Recht. Jedoch kann dieses Recht unter Umständen auch dem Erben zustehen. Das normiert § 530 II BGB, nach welchem dem Erben das Recht des Widerrufs zustehen kann, wenn der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder am Widerruf gehindert hat. Das Widerrufsrecht kann dann auf den Erben übergehen, sodass dieser anstelle des toten Schenkers den Widerruf erklären kann.

 

Abschließend kann man sich folgende Dinge merken:

1.     Das Recht zum Widerruf wegen grobem Undank sanktioniert das sittliche Fehlverhalten des Beschenkten wegen mangelnder Dankbarkeit und der Schenkung folgenden Sittenverstößen.

2.     Die Anforderungen an einen Widerruf wegen groben Undanks sind sehr hoch und unterliegen dem richterlichen Ermessen.

3.     Für Schenkungen in Partnerschaften und Ehen gelten besondere Regeln.

4.     Der Schenkungswiderruf wegen groben Undanks ist ein Ausnahmefall.

 

 

Maßgebliche Quellen:

MüKoBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, Kommentierung zu BGB § 530

BeckOGK/Harke, 1.10.2021, Kommentierung zu BGB § 530 Rn. 12,

Medicus/Lorenz, Schuldrecht II BT 18. Auflage § 21. Die Schenkung Rn. 26

mwN.



[1] Medicus/Lorenz, Schuldrecht II BT 18. Auflage § 21. Die Schenkung Rn. 26.

[2] MüKoBGB/Koch BGB § 530 Rn. 2

[3] MüKoBGB/Koch BGB § 530 Rn. 2, Medicus/Lorenz, Schuldrecht II BT 18. Auflage § 21. Die Schenkung Rn. 26.

[4] BGHZ 87, 145 (149) = NJW 1983, 1611; BGHZ 91, 273 (279) = NJW 1984, 2089; BGH FamRZ 1985, 351; OLG Köln NJW 1994, 1540 (1541).

[5] BeckOGK/Harke, 1.10.2021, BGB § 530 Rn. 10; BGHZ 87, 145 (149) = NJW 1983, 1611; BGH NJW 2002, 1046 (1048).

[6] MüKoBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, BGB § 530 Rn. 5.

[7] BGH NJW 1999, 1623; OLG Koblenz NJW-RR 2002, 630

[8] BGH NJW 1999, 1623; OLG Hamm MDR 1990, 1010; OLG Karlsruhe NJW 1989, 2136; OLG Koblenz NJW-RR 2002, 630; OLG Köln NJW-RR 1995, 584 (585)

[9] MüKoBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, BGB § 530 Rn. 6

[10] Aufzählung mit jeweils Rechtsprechungsbeispielen aus Medicus/Lorenz, Schuldrecht II BT 18. Auflage § 21. Die Schenkung Rn. 26.

[11] MüKoBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, BGB § 530 Rn. 2.

[12] MüKoBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, BGB § 530 Rn. 2.

[13] BGH NJW 1999, 1623

[14] BGH FamRZ 1982, 1066; OLG Düsseldorf FamRZ 1980, 446; NJW-RR 2005, 300 (301).

[15] OLG Düsseldorf NJW-RR 2005, 300 (301); OLG München RNotZ 2009, 339 (342): ehelicher Fehltritt ging der Schenkung um mehr als zehn Jahre voraus.

[16] LG Limburg NJOZ 2012, 1590 (1591).

[17] OLG Hamm NJW 1978, 224.

[18] MüKoBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, BGB § 530 Rn. 12.

[19] MüKoBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, BGB § 530 Rn. 12.

[20]  BGH NJW-RR 1993, 1410 (1411).

[21] MüKoBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, BGB § 530 Rn. 13.

[22] MüKoBGB/Koch, 8. Aufl. 2019, BGB § 530 Rn. 13.