Stellt die Geburt eines Kindes doch eigentlich ein so wunderbares und glückseliges Ereignis dar, so kann es dennoch zu diversen (Geburts-)Fehlern kommen. Im Regelfall werden Gefahren während der Schwangerschaft und bei der Geburt rechtzeitig von den Ärzten erkannt. Und dennoch kann es vorkommen, dass es aufgrund mangelnder Organisation, fehlerhafter Patientenaufklärung oder grober Behandlungsfehler zu Geburtsschäden des Kindes und der Mutter kommt. Der „geburtshilfliche Schadensfall“ ist für betroffene Familien ein gravierender, alles dominierender Schicksalsschlag, der Auswirkungen auf sämtliche Bereiche des familiären und beruflichen Lebens haben kann.

So haben Ärzte Anfang Februar in einem Krankenhaus in Kyshtym (Russland) bei einem Kaiserschnitt dem Neugeborenen versehentlich ins Gesicht geschnitten. Unterhalb des rechten Auges hatte das Baby eine lange Schnittwunde. Die unglaubliche Begründung der Ärzte: Das Baby habe sich bei der Geburt zu sehr bewegt. Dabei wollte die junge Mutter ihr Baby ursprünglich sogar auf natürlichem Weg zur Welt bringen. Doch die Ärzte rieten ihr zu einem Kaiserschnitt, da sich das Baby im Mutterleib gedreht hatte. Die Mutter habe zunächst eine Periduralanästhesie (PDA) erhalten. Nachdem diese Teilnarkose aber nicht gewirkt habe, hätten die Ärzte die Kaiserschnitt-OP unter Vollnarkose durchgeführt. Dabei haben die Ärzte dem Kind an der rechten Wange einen großen Schnitt zugefügt.

Nach dem Jahresbericht der Bundesärztekammer sieht es auf den ersten Blick gar nicht so schlimm aus. 2017 sind dort 2.213 Behandlungsfehler gezählt worden (im Vergleich zu 2016 mit 2.045 Fällen ist diese Zahl fast gleich geblieben). Das ist aber nur die halbe Wahrheit bzw. nur die Spitze der Fehlbehandlungen. Erfasst werden nämlich dort nur die Fälle, wo Patienten speziell über die Bundesärztekammer ein Gutachten erstellen lassen und die Gutachterkommission allein aus der schriftlichen Patientenakte die Behandlungsfehler eindeutig ersehen kann. Nicht erfasst sind all die Fälle, die gar nicht bei der Bundesärztekammer angezeigt werden. Allein der medizinische Dienst der Krankenkassen (MdK) prüft jährlich mehr als 15.000 Fälle.

Eine Behandlungsmethode, die noch nicht hinreichend klinisch getestet ist, nennt man Neulandmethode. Hört sich bedenklich an, stellt jedoch nicht automatisch einen Behandlungsfehler dar.

Deswegen hat der BGH in seinem Urteil vom 18.05.2021 entschieden: Bei Neulandmethoden müssen strenge Anforderungen an die Patientenaufklärung und Sorgfaltspflichten der zu Behandelnden gelten. Jeder Patient muss nach ausführlicher Aufklärung über die Sachlage und Risiken umfassende Kenntnis erlangt habe, um selbst entscheiden zu können, ob er sich der Behandlung unterziehen möchte.

Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem einem Patienten eine neuartige Bandscheibenprothese eingesetzt wurde, bei der noch keine längerfristigen klinischen Studien über die Haltbarkeit des Produkts durchgeführt wurden. Der Patient musste mit Brüchen und Auflösung der Prothese kämpfen, sodass der Hersteller alle Prothesen zurückrief. Die Prothese musste wegen starken Schmerzen entfernt werden.

Akute Schmerzen, Ohnmacht, insbesondere bei „unklaren Symptomen“ enden oftmals in der Notaufnahme. Das Erstpersonal und die Ärzte fragen oft viel, aber vergessen nicht selten die Frage, welche Medikamente der Patient in den letzten Tagen zu sich genommen hat. Eine Anfang 2018 veröffentlichte Studie über die Ursachen von Notaufnahmen kam bei 6,5 % aller Fälle zu dem Ergebnis, dass unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW-Verdachtsfälle) die Ursache für die Einlieferung waren. Danach gefragt wurde in weitaus weniger Fällen, so dass die Ursache erst sehr viel später bekannt wurde.

Patienten dürfen ihre Krankenakte einsehen und Kopien hiervon anfertigen. Der Anspruch richtet sich in der Regel gegen den behandelnden Arzt und/oder die medizinische Einrichtung (Krankenhaus, Uni-Klinik).

Nach dem Tod können Erben und nächste Angehörige um einen Einblick bitten. Allerdings kann der Patient im Vorfeld ausdrücklich bestimmen, dass im Todesfall niemand seine Krankenunterlagen einsehen darf. Es empfiehlt sich, zu Lebzeiten - etwa im Rahmen einer Patientenverfügung oder letztwilligen Verfügung - eine Einwilligung in die Einsichtnahme in die eigene Patientenakte durch bestimmte Dritte schriftlich festzuhalten.