Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist die Privilegierung des Betriebsvermögens bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer angesichts ihres Ausmaßes und der eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten mit dem Grundgesetz unvereinbar. Der Gesetzgeber muss bis spätestens zum 30.6.2016 eine Neuregelung treffen. Nun liegt ein Gesetzentwurf mit den geplanten Änderungen vor.

Obwohl das BVerfG rückwirkende Neuregelungen unter bestimmten Bedingungen zugelassen hat, sieht der Entwurf keine rückwirkenden Änderungen vor. Das aktuelle Recht soll bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung uneingeschränkt anwendbar bleiben. Der Entwurf stellt aber noch ein frühes Stadium im Gesetzgebungsverfahren dar. Im Hinblick auf die Komplexität der Regelungen sind etwaige Anpassungen nicht unwahrscheinlich.

Begünstigtes Vermögen

Das BVerfG hält es für unverhältnismäßig, dass die Steuerverschonung auch eintritt, obwohl das betriebliche Vermögen bis zu 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Nach der Neudefinition ist das Vermögen begünstigt, das seinem Hauptzweck nach überwiegend einer originär land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit dient. Missbräuchlichen Gestaltungen wie bei der „Cash-GmbH“ soll hierdurch die Grundlage entzogen werden.

Hinweis: Der Nettowert des nicht begünstigten Vermögens kann wie begünstigtes Vermögen behandelt werden, soweit er 10 % des Nettowerts des begünstigten Vermögens nicht übersteigt.

 Lohnsummenregelung

Die Steuerverschonung bedingt u.a., dass die sogenannte Lohnsummenregelung beachtet wird. Dies bedeutet vereinfacht, dass für einige Jahre nach der Unternehmensübertragung nicht signifikant weniger Lohn gezahlt werden darf als zuvor. Bei der derzeitigen Freistellung von der Lohnsummenregelung für Betriebe mit nicht mehr als 20 Beschäftigten handelt es sich nach Ansicht des BVerfG eine unverhältnismäßige Privilegierung. Nach der geplanten Neuregelung werden nur noch Betriebe mit bis zu drei Arbeitnehmern von der Einhaltung der Lohnsummenregelung ausgenommen. Für Betriebe mit 4 bis 10 Arbeitnehmern bzw. 11 bis 15 Arbeitnehmern gilt eine jeweils abgeschwächte Lohnsummenregelung.

Neue Prüfschwelle

Neu ist eine Prüfschwelle, die bei einem begünstigten Vermögen von über 26 Millionen EUR liegt. Bei der Prüfung sind von derselben Person anfallende Erwerbe innerhalb von zehn Jahren einzubeziehen. Die Prüfschwelle beträgt ausnahmsweise 52 Millionen EUR, wenn bestimmte qualitative Merkmale in den Gesellschaftsverträgen oder Satzungen vorliegen. Hiermit sind Kapitalbindungen wie Ausschüttungs- und Verfügungsbeschränkungen in bestimmten Familienbetrieben gemeint.

Liegt der Erwerb unterhalb der Prüfschwelle, erhält der Erwerber – wie bisher – Vergünstigungen in Form eines Verschonungsabschlags (85 % nach der Regelverschonung, 100 % nach dem Optionsmodell) und ggf. eines Abzugsbetrags. Die Steuerbefreiung ist von Behaltensfristen und der Einhaltung der Lohnsummenregelung abhängig. Übersteigt der Wert die Prüfschwelle, soll zunächst keine Verschonung, sondern auf Antrag ein verminderter Verschonungsabschlag oder eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung beim Erwerber erfolgen.

[Quelle: Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Regierungsentwurf vom 8.7.2015]