Sowohl durch das VG Schleswig als auch das VG Regensburg wurden in diesem Jahr die Ausstellung von Vorlaufattests erzwungen, welche aufgrund der tierschutzunwürdigen Transporte verweigert wurden. Nachdem die Behörden das Vorlaufattest verweigerten, beantragten die Tiertransporter einstweiligen Rechtsschutz bei den jeweiligen Verwaltungsgerichten, die diesen mit nicht ganz nachvollziehbarer Argumentation stattgaben.

Zum Beispiel ist zum einen erforderlich, dass die Sache, hier also die Durchsetzung des Vorlaufattests, eilbedürftig ist. Zum anderen darf die Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Das bedeutet, dass eine endgültige Entscheidung grundsätzlich erst im Rahmen eines Hauptsachverfahrens und nicht im einstweiligen Rechtsschutz fallen darf.

Eilbedürftig seien die Ausstellungen der Vorlaufatteste deshalb gewesen, da es sich um trächtige Tiere handelte. Solche dürfen aber nur in bestimmten Stadien transportiert werden, um das Muttertier, sowie die Leibesfrucht, nicht zu gefährden. Kurz gesagt: Laut den Verwaltungsgerichten sollten die Tiere noch schnell, schnell an die Sammelstelle verbracht werden. Nicht beachtet wurde dabei, dass das Vorlaufattest ja nicht ohne Grund verweigert wurde. Vielmehr bestand die begründete Sorge, dass tierschutzrechtliche Vorgaben in den Zielländern nicht eingehalten würden. Die Verwaltungsgerichte sind allerdings der Ansicht, dass solche Vorschriften im Rahmen des Vorlauftests nicht zu prüfen seien. Dies sei erst an der Sammelstelle vorzunehmen. Die trächtigen Tiere werden infolgedessen also zur Sammelstelle gebracht, nur um später wieder abgeholt zu werden. Ganz im Sinne: Diesen (vollkommen unnötigen) Stress halten die Viecher ja wohl aus. Außerdem wird den Transportunternehmen damit die Möglichkeit geschaffen die Eilbedürftigkeit und so auch einen Beschluss zu ihren Gunsten selbst herbeizuführen, indem sie das Besamen der Kühe dementsprechend timen.

Eine Vorwegnahme der Hauptsache wurde aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes als zulässig erachtet. Richtig ist, dass eine solche zulässig ist, wenn dies im Interesse des Rechtsschutzes geboten ist und dem Antragsteller sonst unzumutbare irreparable Nachteile entstünden. Dass diese Voraussetzungen aber vorliegen, ist nicht so offensichtlich, wie die Gerichte dies darstellten.

Auch die diesbezügliche Argumentation stützt sich auf die trächtigen Tiere, die zu einem späteren Zeitpunkt erst einmal nicht mehr transportiert hätten werden dürfen. Hierbei handelt es sich aber lediglich um ein vorübergehendes Hindernis, was einen tierschutzwidrigen Transport nicht zu rechtfertigen vermag. Außerdem stelle die Verweigerung einen nicht hinnehmbaren Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit dar. Verkannt wird dabei, dass ein Eingriff nicht immer rechtswidrig ist. Die Berufsfreiheit gilt nicht grenzenlos, sondern kann durch Gesetze beschränkt werden. So können tierschutzrechtliche Aspekte die Berufsfreiheit eingrenzen. Insbesondere gilt das, seitdem der Tierschutz als Staatszielbestimmung in die Verfassung aufgenommen wurde. Anstatt lediglich die Berufsfreiheit zu nennen und sich darauf auszuruhen, hätten die Gericht eine umfassende Abwägung der Belange vornehmen müssen. Der Eingriff durch die Verweigerung wurde außerdem auch durch eine zeitliche Begrenzung von vier Wochen abgemildert.

Noch bedenklicher als die Argumentation des VG Schleswig, welches den Tierschutz scheinbar nicht als wichtig genug anerkennt um eine Abwägung vorzunehmen, ist allerdings das ständige Verweisen des VG Regensburg auf andere Urteile. Denn was ist schlimmer als sich zu irren…Gar nicht nachzudenken. Ganz nach dem Motto: Wenn die anderen das so machen, wird das schon passen.

So wird beispielsweise auf die unzutreffende Argumentation des VG Schleswig hinsichtlich der Beihilfestrafbarkeit der Aussteller von Vorlaufattesten verwiesen. Dabei ist schon anzumerken, dass von Kausalität der Beihilfehandlung gesprochen wird, die von Gesetzes wegen überhaupt nicht gefordert wird. Vielmehr muss die Beihilfehandlung die Haupttat nur in irgendeiner Weise fördern. Dass das Vorlaufattest den Transport ermöglicht und damit jedenfalls fördert ist offensichtlich.

Außerdem sei eine etwaige Beihilfehandlung, so das VG Schleswig, durch den Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung gerechtfertigt. Dies erscheint aus zweierlei Hinsicht verfehlt. Zum einen wird dadurch ein Zirkelschluss gebildet. Die Straflosigkeit resultiere aus dem Anspruch des Transporteurs auf die Genehmigung. Für diese ist allerdings wieder Voraussetzung, dass das Handeln des Antragstellers nicht strafbar ist. Zudem wird außer Acht gelassen, dass jedenfalls untechnisch eine Gehilfentätigkeit zu illegalen Machenschaften vorgenommen wird. Indem das Gericht aber seuchenrechtliche Vorgaben beachtet und die Ausrichtung der Handlung auf eben diese illegalen Machenschaften davon isoliert, wird gerade dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung widersprochen. ( So auch Prof. Dr. Bülte unter https://www.jura.uni-mannheim.de/media/Lehrstuehle/jura/Buelte/Dokumente/Veroeffentlichungen/Buelte__Stellungnahme_zur_Strafbarkeit_von_Veterinaeren_bei_der_Mitwirkung_an_Hochrisikotransporten.pdf)

Das VG Schleswig bringt in seinem Beschluss noch hervor, dass nicht deutlich werde, dass es sich um Schlachtvieh handle. Damit wird auf die teilweise miserablen Schlachtbedingungen in den Drittländern Bezug genommen. Möglicherweise überkam die Richter hier doch ein Anflug von schlechtem Gewissen. Dem ist jedoch hinzuzufügen, dass die Rinder oft als Zuchtvieh gehandelt werden, wobei ein Herdenaufbau in den Zielländern häufig gar nicht möglich ist. Letztlich werden die Tiere dort also doch geschlachtet.

Schließlich weist das Gericht darauf hin, dass die Verweigerung des Vorlaufattests einen unzulässigen Eingriff in die Kompetenz der anderen Bundesländer darstellen könnte, in welchen die Sammelstelle liegt. Diese könnten den Transport im Gegensatz zum Land des Vorlaufattests genehmigen wollen.

Obschon äußerst fraglich erscheint, ob hier tatsächlich ein Eingriff in die Länderkompetenz vorliegt, bringt es abermals einen Aspekt sehr deutlich hervor:

Es wird Zeit für eine bundeseinheitliche Regelung, die festsetzt was erlaubt ist und was nicht. Andernfalls verlagert sich der Transportstart nur in andere Länder und Behörden werden weiterhin zur Genehmigung von tierquälerischen Transporten in Länder wie Marokko oder Usbekistan gezwungen.

[Kritik an den Beschlüssen des Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg vom 8. Mai 2019 Az RN 5 E 19.828 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht vom 27. Februar 2019, Az 1 B 16/18]