Ein heute 63 Jahre alter Mann hatte nach dem Einzug der Familie in ihr neu errichtetes Mannheimer Eigenheim im Jahr 2014 alsbald damit begonnen diese zu schikanieren. Dies reichte von ständigen, über das sozialadäquate Maß hinausgehenden, Beobachtungen vom eigenen Fenster aus, über nächtliche Klopfgeräusche an der Hauswand der Familie, bis hin zu wiederholten derben Beleidigungen und gipfelte in zwei konkreten Todesdrohungen im Jahr 2017.

 

Während sich der Mann am 01.04.2017 noch darauf beschränkt hatte, dem Ehepaar damit zu drohen, eine Pistole aus seinem Haus zu holen, lief er dem Ehemann am Abend des 27.07.2017 mit einem erhobenen Beil hinterher. Nur, weil der Ehemann fliehen konnte, wandte sich der Nachbar den beiden Kraftfahrzeugen des Ehepaares zu und schlug mit dem Beil auf sie ein, wodurch ein erheblicher Sachschaden entstand. Die Familie entschloss sich daraufhin zum Umzug, bezog zunächst für einige Monate eine Mietwohnung und erwarb sodann ein neues Eigenheim.

 

Die durch den Umzug entstandenen Kosten sowie die Nebenkosten für den Erwerb des neuen Hauses (Grundsteuer und Notarkosten), aber auch den Mindererlös aus der Veräußerung ihres verlassenen Familienheims, nachdem sie die Käufer auf die bisherigen Verhaltensweisen des Nachbarn hingewiesen hatten, sowie die bei der Veräußerung entstandene Maklercourtage wollten die Eheleute ersetzt haben. Sie erhoben gegen ihren ehemaligen Nachbarn daher eine Schadensersatzklage über insgesamt mehr als 113.000 €.

 

Beim Landgericht Mannheim hatten sie damit noch keinen Erfolg. Im Berufungsverfahren sprach ihnen das Oberlandesgericht Karlsruhe jetzt aber mehr als 44.000 € zu. Zur Begründung hat der Senat darauf hingewiesen, dass sich der Nachbar durch sein Verhalten wegen Nachstellung (§ 238 I Nr. 4 StGB) und wegen Bedrohung (§ 241 StGB) strafbar gemacht und damit zugleich Schutzgesetze zulasten des Ehepaares verletzt hat. Aus dieser Schutzgesetzverletzung resultiert zivilrechtlich ein Schadensersatzanspruch des Ehepaares (§ 823 II BGB). Der Anspruch reicht aber nur soweit, wie die geltend gemachten Schäden auch vom Schutzzweck der Strafnorm erfasst sind.

 

Einen solchen „Schutzzweck-Zusammenhang“ hat der Senat für diejenigen Kosten, die zur Wiederherstellung des persönlichen Sicherheitsgefühls aufgewendet werden mussten, gesehen. Er hat den Beklagten daher zur Erstattung der Umzugskosten sowie der Nebenkosten im Zusammenhang mit dem Erwerb des neuen Eigenheims und damit zur Zahlung eines Betrages von über 44.000 € verurteilt. Die Wertminderung an dem verlassenen Familienheim und die im Zusammenhang mit dessen Veräußerung angefallene Maklerprovision, hat der Senat demgegenüber als bloße Vermögensfolgeschäden bewertet, die außerhalb des Schutzzwecks der verletzten Strafnormen liegen. Insoweit hatte die Klage auch im Berufungswege keinen Erfolg.

 

Eine Revision hat der Senat nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung können beide Parteien Beschwerde zum Bundesgerichtshof erheben.

 

[OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.11.2021, Az. 10 U 6/21; siehe auch Pressemitteilung vom 10.11.2021 unter 17/21]