RAin Nadine Meßmer | Schadenersatzrecht

Oft erreichen E-Autos nicht die Reichweite, die die Hersteller angeben. Der ADAC hegt nun einen Verdacht: Es könnte sein, dass die Hersteller bei den Reichweiten-Angaben tricksen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

 

Der ADAC führt gerade verschiedene Tests durch, um zu überprüfen, ob die Hersteller in Hinblick auf die Batteriekapazität hinter ihren Angaben zurückbleiben. Negativ aufgefallen ist bei den Tests unter anderem der VW ID.3: Der Hersteller wirbt mit 77 Kilowattstunden Speicherkapazität, von denen laut Test nur 69 kWh faktisch beim Kunden ankommen. Sollten die Hersteller die Angaben zur Speicherkapazität tatsächlich dermaßen „geschönt“ haben, steht der Automobilindustrie der nächste Skandal ins Haus: Kunden könnten, ähnlich wie beim Dieselskandal,  Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen und auch die Verfolgung strafbaren Handelns wäre möglich.

 

Eine andere Erklärung für diese Differenzen im Rahmen der Speicherkapazität wäre eine Art „Notlaufreserve“, die die Hersteller bei ihren Batterien vorsehen. Das Auto könnte dann noch weiterfahren, obwohl die Batterie bereits „empty“ anzeigt. VW bestätigte diese Reserve in Höhe von ca. zwei Kilowattstunden. Neben der Frage, wie sich die übrige Differenz in Höhe von sechs Kilowattstunden erklären lässt, führt dies für VW zu einem weiteren Problem: VW gibt für alle Modelle die Brutto- und Nettospeicherkapazität der verbauten Batterien an, wobei die Nettokapazität beschreibt, wie viel tatsächlich beim Kunden ankommt. Sollte VW nun einen Teil dieser Kapazität als „versteckte Reserve“ einbehalten, die nur per Softwarebefehl freigegeben wird, bekommt der Kunde weniger als er gekauft hat. Auch hieraus können sich Gewährleistungsansprüche gegen die Hersteller ergeben.

 

Weicht die tatsächliche Reichweite von E-Autos stark von den Herstellerangaben ab, haben Kunden einen Anspruch auf Entschädigung. Der Richtwert für eine „starke Abweichung“ kann hier von Verbrennern übernommen werden und liegt bei ca. 10 %.

Stellen Sie fest, dass die Reichweite Ihres E-Autos nicht den Angaben des Herstellers entspricht, haben Sie zunächst einen Anspruch auf Nachbesserung oder Nachlieferung. Sollte diese Nacherfüllung fehlschlagen, sei es, weil der Verkäufer sich weigert oder der Mangel weiterhin fortbesteht, können Sie vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern.

 

Zu beachten sind die Verjährungsfristen: Die Verjährungsfrist beginnt mit der Lieferung/Übergabe des Fahrzeugs und beträgt zwei Jahre. Sollte der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen haben, beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt in dem Sie Kenntnis von dem Mangel erlangt haben und beträgt drei Jahre.

 

Die Parallelen zum Diesel-Abgasskandal könnten darauf hindeuten, dass die Gerichte auch hier verbraucherfreundlich entscheiden und Kunden, deren E-Auto zu wenig Reichweite aufweist, eine Entschädigung erhalten. Wir beraten Sie hinsichtlich gerichtlicher und außergerichtlicher Möglichkeiten. Ansprechpartner in unserer Kanzlei sind Herr Rechtsanwalt Fischer, Herr Rechtsanwalt Hirt und Frau Rechtsanwältin Meßmer.