RA Rafael Fischer | Erbrecht

Der für Erbrechtsfragen zuständige Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat entschieden, dass ein Vater seinem Sohn selbst bei einer gegen ihn von seinem Sohn verübten Vermögensstraftat nur bei Vorliegen besonderer Umstände den gesetzlichen Pflichtteil entziehen kann. Das Gericht in Hamm hat damit der Berufung des Sohnes gegen ein anderslautendes Urteil des Landgerichts Bochum in einem mit seiner Schwester geführten Prozess stattgegeben.

Zur Begründung hat der Fachsenat des Oberlandesgerichts ausgeführt:Die in dem väterlichen Testament gegenüber dem Kläger ausgesprochene Entziehung des Pflichtteils, welche wegen einer angeblich vorgenommenen Veruntreuung eines dem Vater zustehenden Betrages in Höhe von 27.000,00 DM erfolgt war, ist unwirksam. Nach dem Gesetz kann zwar der Erblasser einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder dessen Ehegatten schuldig gemacht hat. Ob ein schweres Vergehen vorliegt, beurteilt sich allerdings nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Grad des sittlichen Verschuldens. Verfehlungen gegen das Eigentum oder das Vermögen des Erblassers berechtigen hierbei nur dann zur Entziehung des Pflichtteils, wenn sie nach ihrer Natur und ihrer Begehungsweise eine grobe Missachtung des Eltern-Kind-Verhältnisses darstellen und deswegen eine schwere Kränkung des Erblassers bedeuten. Unter Beachtung dieser Grundsätze waren vorliegend nach Auffassung des Senats zugunsten des Klägers seine desolate wirtschaftliche Situation sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass der Kläger das Geld alsbald an seinen Vater zurückzahlen wollte, so dass im Ergebnis ein zur Entziehung des Pflichtteils berechtigender Grund nicht gegeben war.

 

Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 22.02.2007 – 10 U 111/06 –

 

[PM OLG vom 06.06.2007]