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Im US-Bezirk Nördliches Kalifornien ist derzeit ein Verfahren anhängig mit dem Vorwurf, dass Facebook und Instagram deren Nutzer durch Kameras beobachten lässt. Facebook Inc. wird angeklagt, die Handykameras der Nutzer unbefugt verwendet zu haben. Facebook behauptet dagegen, dass es sich um einen Fehler handle, der korrigiert worden sein, nachdem er Falschbenachrichtigungen ausgelöst hatte, sodass Instagram auf IPhone-Kameras zugegriffen habe. Der Vorwurf ist, dass Facebook Inc. hierdurch „lukrative und wertvolle Daten“ über ihre Nutzer sammeln könne, auf die sie sonst keinen Zugriff hätten.

 

Ob das nun ein Versehen war oder nicht, das Schlimme ist: Es geht. Dritte können einen über das eigene Gerät ausspionieren.

 

Wenn das in Deutschland geschieht, sind regelmäßig folgende Straftatbestände erfüllt:

 

·         § 201 StGB: Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes

Hier wird ganz wesentlich das Recht auf die Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Wortes geschützt, somit ist das Tatobjekt des § 201 StGB das nichtöffentlich, also das nicht an die Allgemeinheit gerichtete, gesprochene Wort. Wichtig ist hierbei, dass auch das gesprochene Wort, wenn es beispielsweise über eine Telefon- oder Internetverbindung geäußert wird (also auch über Facebook oder Instagram), geschützt ist.

 

·         § 202a StGB: Ausspähen von Daten

Der § 202a StGB schützt hauptsächlich das Interesse des Berechtigten seine gespeicherten Daten und deren beinhaltende Information vor dem Zugriff Dritter zu schützen.

 

·         § 202b StGB: Abfangen von Daten

 Ebenso wie bei § 202a StGB ist bei § 202b StGB das geschützte Rechtsgut das formale Datengeheimnis des Verfügungsberechtigten, mit dem Unterscheid, dass es bei § 202b StGB keiner besonderen Sicherung der übermittelten Daten bedarf. Das Schutzbedürfnis beruht vielmehr darauf, dass jedermann das Recht auf eine Kommunikation hat, welche grundsätzlich nicht öffentlich bleiben soll.

 

 

·         § 202c StGB: Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten

Das von § 202c StGB geschützte Rechtsgut ist identisch mit denjenigen Tatbeständen, zu denen § 202c StGB die entsprechenden Vorbereitungshandlungen unter Strafe stellt (§§ 202a, 202c StGB).

 

·         § 202d StGB: Datenhehlerei

 Das formelle Datengeheimnis wird durch den § 202d StGB vor einer eine Festsetzung und Vertiefung seiner durch eine Vortat erfolgten Verletzung geschützt. Die Norm schützt daher den Nutzer vor allem gegen den Handel mit seinen Daten, welche rechtswidrig ausgespäht, abgefangen oder erlangt werden.

 

·         § 203 StGB: Verletzung von Privatgeheimnissen

Sofern Facebook Inc. persönliche und sensible Daten eingesehen und weitergegeben hat, steht eine Strafbarkeit wegen der Verletzung von Privatgeheimnissen im Raum. Geschützte Rechtsgüter sind (anders als bei § 202a StGB und §§ 43, 44 BDSG) nicht nur elektronische Daten, sondern allgemein Geheimnisse.

 

Die strafrechtliche Sanktionierung von möglichen Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereiches ist im Wesentlichen im 15. Abschnitt des StGB in den §§ 201 ff. StGB geregelt. All Jene Tatbestände beruhen im Kern auf dem Grundgedanken, dass eine freie Entfaltung der Persönlichkeit, wie in Art. 1 des Grundgesetzes garantiert, nur dann gewährleistet ist, wenn dem Einzelnen hierfür auch ein Freiraum gegenüber dem Staat sowie Privatpersonen, aber auch Unternehmen wie Facebook Inc., garantiert wird.

 

 

Neben den oben genannten Straftatbeständen kommen zudem Verletzungen gegen

 

·         … das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Betracht.

Jeder hat das Recht, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Sofern Facebook und Instagram Frau Conditi abhörten, wäre sie auch in diesem Recht verletzt. Hierbei handelt es sich laut höchstrichterlicher Rechtsprechung um ein „Datenschutz-Grundrecht“, das im Grundgesetz lediglich nicht ausdrücklich erwähnt wird.

 

 

·         … Art. 8 der EU-Grundrechtecharta in Betracht.

Obschon im deutschen Grundgesetz das Datenschutz-Grundrecht nicht ausdrücklich erwähnt wird, sind personenbezogene Daten allerdings durch die Datenschutz-Grundverordnung sowie nach Art. 8 der EU-Grundrechtecharta geschützt und wären im Falle einer Abhörung durch Facebook Inc. verletzt.

 

Außerdem würde ein Abhören durch Facebook Inc. ganz eindeutig zu einer Datenschutzverletzung bzw. einem Datenschutzverstoß führen, insbesondere nach Art. 33 und 12 DSGVO, da es sich um eine „Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten“ handelt. Hier kommt zunächst ein

·         Auskunftsrecht bezüglich der Daten (§§ 19, 34 BDSG und Art. 12-15 DSGVO) und ein

 

·         Löschungsanspruch der personenbezogenen Daten des Betroffenen (§§ 20, 35 BDSG und insbesondere Art. 17 DSGVO) in Betracht. Jeder Betroffene hat dann einen

 

·         Anspruch auf Schadensersatz, wenn durch den Verstoß gegen die Datenschutzverordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist (vgl. §§ 79, 82 f. DSGVO).

 

 

 

Zwar bestritt Facebook Inc. jegliche Vorwürfe bezüglich eines Abhörens oder einer Gesichtserkennungstechnologie ihrer Nutzer bereits in der Vergangenheit, es bleibt allerdings abzuwarten, ob der Fall Conditi gegen Instagram (LLC, 20-cv-06534, US-Bezirksgericht, Nordbezirk von Kalifornien) nun neue Erkenntnisse ans Licht bringt.

Denn schlussendlich mag man sich fragen: Wieso sollte selbst der Facebook-Chef Marc Zuckerberg seine Kamera und sein Mikrofon am Laptop abkleben, wenn an den Anschuldigungen rein gar nichts dran ist?

(siehe hierzu ein Video zu dem Interview mit Marc Zuckerberg unter: https://www.stern.de/digital/smartphones/klage-gegen-facebook--beobachtet-instagram-seine-nutzer-durch-die-smartphone-kamera--9421898.html zuletzt besucht am 21.09.2020)

 

[unter Mitarbeit von Antonia Kohde, stud. jur. Univbersität Konstanz]