Jasmin Abt, stud. jur. Universität Konstanz | Seniorenrecht

„Die Politik ist gefordert, das Hitze-Leiden der 810.000 Pflegebedürftigen in den Heimen zu beenden“, so Eugen Brysch, der Vorstand der Stiftung Patientenschutz.

Die Kritik des Vorstandes gilt dabei den untragbaren Zuständen in den überhitzten Räumen von Pflegeheimen. Denn insbesondere für ältere Menschen können Hitze und Flüssigkeitsmangel lebensbedrohlich werden, so auch der Bundegesundheitsminister Karl Lauterbach. Oft sind Heimbewohner hohen Temperaturen weitestgehend schutzlos ausgesetzt und eine regelnde Vorschrift fehlt bis dato. Nach einer derartigen wird nun verlangt, denn der Klimawandel macht vor nichts und niemandem Halt. Insbesondere hinsichtlich Pflegeheim-Neubauten sollten die Länder und der Bundesklimaminister Robert Habeck eine Anpassung der Bauvorschriften anregen und für entsprechende Neuerungen in Altbauten sorgen.

Die Einrichtungen sind meistens zwar durch präventive Handlungsempfehlungen, Warnsysteme und Hitzemaßnahmenpläne auf Hitzewellen eingestellt, die Maßnahmen sind jedoch je nach Gebäude und Einzelfall unterschiedlich effektiv und so entstehen immer wieder Hitze-Probleme in Pflegeheimen.

 

Im Arbeitsrecht gibt es hierzu eine sog. Arbeitsstättenregel (ASR). Gemäß ASR A3.5 Raumtemperatur Punkt 4.3 sollen beim Überschreiten einer Lufttemperatur im Raum von +26 °C zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. In Einzelfällen kann das Arbeiten bei über +26 °C zu einer Gesundheitsgefährdung führen, wenn z.B. hinsichtlich erhöhter Lufttemperatur gesundheitlich Vorbelastete und besonders schutzbedürftige Beschäftigte (z.B. Jugendliche, Ältere, Schwangere, stillende Mütter) im Raum tätig sind. In solchen Fällen ist über weitere Maßnahmen anhand einer angepassten Gefährdungsbeurteilung zu entscheiden.

Bei Überschreitung der Lufttemperatur im Raum von +30 °C müssen wirksame Maßnahmen gemäß Gefährdungsbeurteilung ergriffen werden, welche die Beanspruchung der Beschäftigten reduzieren.

 

Auch im Rahmen des Mietrechts spielt die Raumtemperatur eine gewisse Rolle.

Einem Mieter steht nach § 536 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) das Recht auf Mietminderung zu, wenn ein Mangel an der Mietsache besteht und der vertragsgemäße Gebrauch dadurch aufgehoben ist. Zur Mietminderung müsste die Hitze also einen Mangel darstellen. Diese Beurteilung ist stets eine Frage des Einzelfalls, wobei Faktoren wie Baujahr der Immobilie, Etage sowie der Temperaturunterschied von innen zu außen zu berücksichtigen sind, so Jutta Hartmann, Pressesprecherin des Deutschen Mieterbundes (DMB). Auch hierbei ist grundsätzlich die Temperaturgrenze, wie im Arbeitsrecht, bei +26 °C anzusiedeln.

 

Hinsichtlich der Pflegeheime gibt es im Vergleich dazu lediglich das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG), welches in § 1 unter anderem festsetzt, dass es Zweck des Gesetzes ist, die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen. Dieser Schutz umfasst wohl auch eine gewisse Raumtemperatur und eine ausreichende Berücksichtigung von Hitzewellen. Spezifisch geregelt ist dieser jedoch, wie vom Vorstand der Stiftung Patientenschutz kritisiert, nicht.

 

Auf Grund dessen verbleiben den Bewohnern von Pflegeheimen lediglich die Möglichkeiten 1) Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend zu machen, 2) die Vornahme technischer Vorkehrungen zu beanspruchen oder 3) im Einzelfall eine temporäre Verlegung in ein Hotel zu verlangen.

 

Fraglich ist in diesem Zusammenhang auch, was passiert, wenn Krankenhäuser beim Entlassmanagement älterer Menschen bevorstehende Hitzewellen nicht berücksichtigen.

Nach dem Rahmenvertrag Entlassmanagement haben Krankenhäuser durch eine Beurteilung den patientenindividuellen Bedarf für die Anschlussversorgung möglichst frühzeitig zu erfassen und einen entsprechenden Entlassplan aufzustellen. In diesem Plan ist insbesondere der individuelle Versorgungsbedarf der Patienten festzustellen. Dabei ist ebenso zwischen verschiedenen Personengruppen zu differenzieren. Hierbei muss demnach bei älteren Personen auch das Verhältnis von Gesundheitszustand und Hitze abgewogen werden. Eine entsprechende Anpassung des Entlassplans scheint damit unumgänglich

 

 

[Quellen:

„Entlassmanagement“ in Bundesministerium für Gesundheit, URL: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/e/entlassmanagement.html (Stand: 20.06.2022);

„Hitze im Pflegeheim – Darauf sollten Sie achten“ in BIVA-Pflegeschutzbund, URL: https://www.biva.de/startseite/hitze-im-pflegeheim-darauf-sollten-sie-achten/#:~:text=Bei%20sehr%20hohen%20Au%C3%9Fentemperaturen%20muss,Erk%C3%A4ltungskrankheiten%20aufgrund%20des%20Luftzugs%20entstehen. (Stand: 20.06.2022);

Kilian Treß: „Mietminderung wegen Hitze – erfolgreich durchsetzen“ in: immowelt, URL: https://ratgeber.immowelt.de/a/mietminderung-hitze-sommer.html#c38905 (Stand: 20.06.2022);

„Patientenschützer kritisiert mangelnde Hitzeprävention in Pflegeheimen“ in SPIEGEL Politik, URL: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/patientenschuetzer-kritisiert-mangelnde-hitzepraevention-in-pflegeheimen-a-1769b410-75fb-4e92-b1fb-e491a6bea33a (Stand: 20.06.2022).]