Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.06.2021 führt bei Volkswagen nicht zum Aufatmen, wie hier und da zu hören war.

 

Die manipulierte Software ist grundsätzlich sittenwidrig. Volkswagen kann sich nicht damit herausreden, dass der Vorstand davon nichts gewusst habe bzw. nicht bekannt sei, wer dies angeordnet hat. Für den Bundesgerichtshof kommt es nicht darauf an, welche Personen konkret bei VW für das sittenwidrige Handeln verantwortlich sind. Zwar liegt die Beweislast grundsätzlich beim Anspruchssteller (also beim Kläger) doch kennt der Kläger ja die Interna nicht, sodass die sekundäre Darlegungslast ins Spiel kommt und der Beklagte (also VW) Sachaufklärung leisten muss, weshalb der Vorstand hier „entschuldigt sein soll“.

Die FAZ berichtet in ihrem Artikel „Zwei zu Null fürs Thermofenster“ in ihrer Ausgabe vom 29.06.2021 quasi aus der mündlichen Verhandlung am Bundesgerichtshof. Nach dem Pressebericht hätten die Richter zwar noch kein Urteil gefällt, doch in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, „dass der Einsatz des Thermofensters allein noch kein Schadensersatzanspruch begründet“.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), bei dem auch die Rechtschutzversicherungen untergebracht sind, spricht vom teuersten Schadensereignis für Rechtschutzversicherungen überhaupt. Der Diesel-Skandal hat für die Rechtschutzversicherungen bislang mehr als eine Milliarde Euro Gerichtskosten, Anwaltskosten und Gutachterkosten verursacht. An Versicherungsprämien haben die Rechtschutzversicherer im vergangenen Jahr 4,4 Milliarden Euro eingenommen und 3,1 Milliarden Euro wieder ausgegeben. Möglicherweise wird nicht abgebildet, dass in den meisten Fällen am Ende der Fahrzeughersteller die Kosten ganz übernehmen muss. Letztlich geht es hier nur um die „Vorfinanzierung“ durch die Rechtschutzversicherung.

Volkswagen hat kürzlich offiziell von ihren Ex-Managern Schadensersatz in Millionenhöhe eingefordert. Das ist auch das mindeste: Volkswagen hat wegen des Abgas-Betrugs allein 32 Milliarden Euro direkte Kosten gehabt. Wir verklagen regelmäßig neben Volkswagen die Ex-Bosse Winterkorn und Stadler konkret mit.

 

Aber 10 Millionen Euro für Martin Winterkorn persönlich, ist eine Farce! Das geschätzte Vermögen von Martin Winterkorn liegt über 100 Mio. Euro. Die FAZ hat Martin Winterkorn im Bericht vom 30.04.2016 noch als „Rentenkönig“ bezeichnet. Denn die Pension für den, wegen des Diesel-Skandals zurückgetretenen, Martin Winterkorn hatte Ende 2015 einen Barwert von 28,6 Mio. Euro. Das Gehalt von Winterkorn für 2011, mit rund 17,5 Mio. Euro, stieß in der Öffentlichkeit auf Kritik. Der VW-Aufsichtsrat drehte deshalb an der Bonusschraube und senkte damit Winterkorns Vergütung 2012 auf „nur noch“ 14,5 Mio. Euro, 2013 waren es 15 Mio. Euro, 2014 fast 16 Mio. Euro und 2015 (Diesel-Affäre wurde bekannt) lag es bei 7,3 Mio. Euro. Bei diesen Ausgangszahlen ist die angebliche Einigung auf 10 Mio. Euro geradezu lächerlich.

Auf der Homepage der Volkswagen AG [https://www.volkswagenag.com/de/group/Diesel/ea288.html#] zu dem Dieselmodell EA288 wird blickfangmäßig verkündet: „EA288 Klagen sind erfolglos“. Eine Zeile weiter wird die Behauptung aufgestellt „Klägeranwälte verlieren ihre Prozesse so gut wie alle“. Dann führt Volkswagen aus: „Es gibt kein Anspruch auf Schadensersatz“.

 

Das Problem: Diese Behauptungen sind gelogen!

 

Das Oberlandesgericht Naumburg hat in einer Entscheidung vom 09.04.2021 Volkswagen verurteilt, einen VW Golf 2.0 TDI Highline zurückzunehmen und dem Kläger 20.885,71 € nebst Zinsen zu bezahlen.