RA Rafael Fischer | Kaufrecht

Jetzt ist es raus: Audi hat auch bei Benzinmotoren manipuliert. Ein Sachverständiger hat in einem Schadensersatzverfahren vor dem LG Offenburg (4 O 169/17) festgestellt, dass Audi selbst bei dem Benzinmodell Q5 TFS 2.0 Euro 6 die Abgasreinigung manipuliert hat. Das hatte nun prompt eine weitere Strafanzeige gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Audi AG, Rupert Stadler zur Folge. Ende September beginnt gegen ihn die Anklage wegen manipulierten Diesel-Fahrzeugen. Ihm wird vorgeworfen, den „Vorsprung durch Betrug“ gefördert oder zumindest geduldet zu haben.

 

Die Vorgehensweise "Prüfstanderkennung“ im VW-Konzern war offensichtlich immer die gleiche: Befindet sich ein PKW auf einem sogenannten Rollenstand wird das Lenkrad nicht bewegt. Das erkennt die Technik/Elektronik des Fahrzeugs und reduziert in dieser Phase den Abgasausstoß. Wird das Lenkrad „in freier Fahrt“ bewegt und eingeschlagen, erhöhen sich die Stickoxidwerte schlagartig. Nach den Feststellungen des Sachverständigen liegen die Werte über den zulässigen Grenzwerten und sogar um 300% über den Werten, die Audi in seinen eigenen technischen Daten aufführt.

Was ist hieraus die Konsequenz?

 

Wenn es sich in Offenburg nicht nur um einen Einzelfall handelt, wovon hier nicht auszugehen ist, denn selbst konzernintern ist das Problem zum Teil ein zwischenzeitlich offenes Geheimnis, könnte eigentlich jeder Autokäufer – egal ob Diesel oder Benziner – bei Vorliegen einer Abgasmanipulation vom Kaufvertrag zurücktreten und müsste sich lediglich die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Interessant wird dies bei Unfallfahrzeugen und Abzahlungskäufen, wo die monatlichen Raten meist höher sind, als der rechnerische Wertverlust. Da bei einer Klage auf Rückabwicklung wahrscheinlich ein entsprechendes Gutachten einzuholen ist, sollten Autofahrer nach Möglichkeit eine Verkehrsrechtsschutzversicherung abgeschlossen haben. Diese deckt dann auch den Fahrzeugkauf und die Rückabwicklung.

 

Nach heutigem Erkenntnistand hat Audi nicht nur viele Leichen im Keller, sondern auch viele Zombies auf der Straße. Diese betrügerische Geschäftspolitik könnte bei Audi und dem VW-Konzern am Ende doch zu einem Existenzproblem werden, wenn der Skandal – und danach sieht es derzeit aus – weit größer ist als im Rahmen der ersten Musterfeststellungsklage für eine Motorengruppe EA 189 eingeräumt wurde. Was ist, wenn bei allen Motoren und allen Fahrzeugen betrogen wurde?

 

Der VW-Konzern täte gut daran, gegen sämtliche Verantwortungsträger des Konzerns verjährungsunterbrechend Schadensersatzansprüche dem Grunde nach zu erheben. Die Fahrzeugmanipulationen könnten am Ende schwerwiegender sein als die Corona-Krise.