RA Rafael Fischer | Mietrecht

Der Bundesgerichtshof hat in einer Grundsatzentscheidung zum Kündigungsrecht des Vermieters von Wohnraum bei fortlaufend unpünktlicher Mietzahlung geurteilt und diesbezüglich Kriterien aufgestellt. Die Beklagten zu 1 bis 3 sind seit 2005 Mieter eines Einfamilienhauses der Klägerin in Achberg, in dem auch der Beklagte zu 4 wohnt. Nach dem Mietvertrag ist die Miete jeweils zum 3. Werktag eines Monats fällig. Die Beklagten entrichteten die Miete seit Mai 2007 erst zur Monatsmitte oder noch später und setzten dies auch nach Abmahnungen der Klägerin im Oktober und Dezember 2008 fort. Daraufhin erklärte die Klägerin wiederholt die Kündigung des Mietverhältnisses und erhob Räumungsklage gegen die Beklagten. Die Beklagte zu 1 hat im Wege der Widerklage die Rückzahlung der von ihr bei Beginn des Mietverhältnisses geleisteten Kaution insoweit begehrt, als diese den zulässigen Betrag von drei Monatsmieten überstieg.

 

Die Klägerin hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das Amtsgericht hat die Klage und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 1 hat das Oberlandesgericht der Widerklage stattgegeben, die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen.

 

Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, das die andauernde und trotz wiederholter Abmahnung des Vermieters fortgesetzte verspätete Entrichtung der Mietzahlung durch den Mieter eine so gravierende Pflichtverletzung darstellt, dass sie eine Kündigung aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 1, Abs. 3 BGB* rechtfertigt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gilt das auch dann, wenn dem Mieter (nur) Fahrlässigkeit zur Last fällt, weil er aufgrund eines vermeidbaren Irrtums davon ausgeht, dass er die Miete erst zur Monatsmitte zahlen müsse.

Ferner hat der VIII. Zivilsenat entschieden, dass die Verjährungsfrist für den Rückforderungsanspruch des Mieters wegen der drei Monatsmieten übersteigenden Kaution mit der Zahlung der überhöhten Kaution beginnt. Der Verjährungsbeginn setzt nicht voraus, dass dem Mieter die Regelung des § 551 Abs. 1 und 4 BGB** bekannt ist, nach der die Kaution bei einem Mietverhältnis über Wohnraum maximal drei Monatsmieten betragen darf.

*§ 543 BGB: Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1. eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,

2. die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder

3. der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

**§ 551 BGB: Begrenzung und Anlage von Mietsicherheiten

(1) Hat der Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten, so darf diese vorbehaltlich des Absatzes 3 Satz 4 höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen.

(2) (…)

(3) Der Vermieter hat eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Die Vertragsparteien können eine andere Anlageform vereinbaren. 3In beiden Fällen muss die Anlage vom Vermögen des Vermieters getrennt erfolgen und stehen die Erträge dem Mieter zu. Sie erhöhen die Sicherheit. Bei Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim besteht für den Vermieter keine Pflicht, die Sicherheitsleistung zu verzinsen.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Urteil vom 1. Juni 2011 – VIII ZR 91/10

[PM Nr. 95/2011]  -200715|66-